Kuqa: Unwirkliche Erlebnisse

Von Hotan auf der südlichen Route um die Takla Makan nahm ich den Bus mitten durch die Wüste zur nördlichen Route, nach Kuqa. Kuqa ist berühmt für buddhistische Elemente auf der Seidenstrasse, von welchen ich aber gar nichts sah. Den Besuch von buddhistischen Höhlen vertagte ich auf später und für die weiteren Dinge blieb nach weiteren überraschenden Ereignissen keine Zeit.

Im Schlafbus von Hotan nach Kuqa genoss ich die Aussicht vom oberen Bett am Fenster auf die verschneite Wüste. Für die Einheimischen im Bus war der Schnee ein Segen, ist die Takla Makan doch die trockenste Sandwüste der Welt und jeder Tropfen Wasser für die Landwirtschaft bitter nötig. Für mich war es schade, dass der Himmel bedeckt war, denn dies liess nur wenige Lichtspiele zwischen den Dünen zu.
Dennoch war es interessant zu sehen, wie links und rechts der Strasse jeweils ein 50 Meter breiter Streifen mit einem karierten Muster an Gräsern versehen war. Ausserhalb dieses Streifens gab es noch einen schilfartigen Zaun. Diese Massnahen sollen die Verwehung der Strasse mit Sand verhindern. Wir konnten die Wirksamkeit anhand des Schnees sehr gut beobachten. Leider wurde es zu früh dunkel, um die ganze Strecke die Wüste zu betrachten, jedoch reichte das Tageslicht um festzustellen, wann der Schnee endgültig aufhörte und wir im Kern der Wüste waren.

In der Takla Makan Wüste

In der Takla Makan Wüste

Nach rund neunstündiger Fahrt kamen wir in Kuqa an, wo sich Tim und ich auf die Suche nach einem Doppelzimmer machten. Aus dieser Suche sollte ein regelrechtes Abenteuer werden. Dieses begann um rund 21 Uhr Ortszeit und dauerte bis weit nach Mitternacht. Unser Ziel war es, ein Hotelzimmer zu einem angemessenen Preis zu erhalten. Dies scheint in China sehr schwierig zu sein, denn sobald ein Fremder nach einem Zimmer frägt, sind die Preise automatisch höher als bei Einheimischen. Durch die Sprachkenntnisse und die Verhandlungskünste von Tim hatte ich zum Glück jemanden bei mir, der mit den Uighuren richtig verhandeln konnte. Und er machte dies knallhart. Bei der ersten Unterkunft hatte er einen guten Preis verhandelt, wir wollten aber noch ein besseres Hotel anschauen. Dort war die Antwort von der Chinesin erst einmal, dass das Hotel voll sei. Ein weiterer Chinese kam dazu und meinte es würde im älteren Gebäude noch Zimmer geben. Für die Qualität war der Preis aber definitiv zu hoch und die Chinesen wollten im Preis nicht nachgeben. Als wir uns auf und davon machten, war der Chinese ziemlich schlecht gelaunt.

Chinesisches Kuqa

Chinesisches Kuqa

Also gingen wir zurück zur ersten Unterkunft, wo wir bereits dabei waren die Rucksäcke auszupacken, als der Manager ins Zimmer gebraust kam, und meinte wir müssten sein Gasthaus sofort verlassen, denn die Polizei hätte Wind von unserem Aufenthalt bekommen. Anscheinend hatte er keine Lizenz, um Ausländer beherbergen zu dürfen. Er brachte uns zu seinem Nachbarn, welcher eine Lizenz hatte, allerdings wiederum einen unverschämten Preis verlangte, den er nicht verhandeln wollte. Also setzten wir uns zum dritten Mal in ein Taxi, diesmal um eine ganze Stadtrundfahrt zu machen und alle möglichen Hotels abzuklappern. Die Antworten waren jeweils dass das Hotel schon voll sei, keine Ausländer beherbergen würde oder der Preis waren jenseits von gut und böse.
Nach einer längeren Diskussion entschieden wir uns, das Zimmer im zweiten Hotel zu nehmen, welches wir besucht hatten. An der Rezeption war nur noch die Dame, welche behauptete, dass das Hotel voll sein. Ein junger Herr kam dazu, der uns Einzelzimmer im Keller zeigte, ohne jegliche Infrastruktur. Diese waren aber bestimmt nicht zur Üebernachtung gedacht, sondern eher für eine halbe Stunde oder Stunde zwischendurch und nicht unbedingt zum Ausruhen. Der Preis war wieder völlig überrissen, so dass Tim der Rezeptionistin klarmachte, sie solle die Polizei rufen und wir uns gemütlich in der Lobby des Hotels niederliessen.

Einkaufen in Kuqa: Chinesischer Gemüsemarkt

Einkaufen in Kuqa: Chinesischer Gemüsemarkt

Die Polizisten, eine Dame und ein Herr, waren sehr freundlich und fuhren mit uns eine weitere Runde durch die Stadt. Es war ein sehr spezielles Gefühl mit Blaulicht, allerdings ohne Sirene, durch die Stadt zu fahren, während aus den Lautsprechern des Polizeiautos «I am sailing» von Rod Stewart dröhnte, um ein Plätzchen zum Schlafen zu finden. Schliesslich endeten wir beim Hotel, welches wir als drittes schon besucht hatten, wo der Preis mit Polizeihilfe und weiterem Verhandeln schlussendlich knapp über der Hälfte des ursprünglichen Preises lag. Der Trick mit der Polizei ist anscheinend in China bewährt, hatte Tim ihn doch von einem reisenden Malayen erhalten.

Einkaufen in Kuqa: Frische Fische

Einkaufen in Kuqa: Frische Fische

Am Donnerstagmorgen war unser Plan erst einmal die Altstadt von Kuqa zu erkunden. Zu Fuss machten wir uns auf den Weg von unserem Hotel beim Busbahnhof Richtung Altstadt. Dabei kreuzten wir erst einen chinesischen Markt bevor wir zu einer Art Shopping-Center kamen. In der Apotheke kaufte Tim einige Medikamente gegen seinen Husten und sein Asthma. Schliesslich erreichten wir die uighurische Altstadt, wo wir uns durch den Basar kämpften. Tim sah einen Shop mit traditionellen uighurischen Medikamenten, welchen wir dann aufsuchten, um seine Sammlung an Schulmedizin mit Alternativmedizin zu ergänzen.

Eine traditionelle chinesische Apotheke

Eine traditionelle chinesische Apotheke

Das Geschäft machte einen etwas unheimlichen Eindruck, mit all den getrockneten Echsenhäuten, welche von der Decke hingen. Der Besitzer, ein Arzt in der fünften Generation ohne offizielle Ausbildung, untersuchte Tim und fand auch gleich die passenden Mittelchen. Einige davon mussten gleich eingenommen werden und halfen nach Tim’s Aussage auch sehr effizient. Weiter packte er ihm dann gegen den Husten etwas Baumrinde und Honig ein, welches Tim dann mit heissem Wasser aufgiessen und trinken sollte. Da wir schon einmal bei dem Arzt waren, wollte er uns noch etwas Gutes tun und unsere Blutzirkulation stimulieren. Dafür packte er einen Topf mit etwas Wasser auf seinen Ofen und erhitzte darin einige Päckchen. Zunächst war Tim mit einer Beinbehandlung an der Reihe. Dazu wurden seine Waden zunächst mit einer ziemlich übelriechenden Flüssigkeit eingeschmiert, bevor er sich auf die heissen Päckchen stellen musste. Ich meinerseits durfte auf dem Sofa auf eines der heissen Päckchen sitzen, eines auf den Bauch legen und erhielt noch zwei weitere hinter mein Kreuz. Als die Päckchen dann abgekühlt waren, war ein Wechsel angesagt. Als ich in Unterhose, mit stinkend eingeseiften Beinen auf den siedend heissen Päckchen stand, brachte die Frau des Arztes jedem ein Laghman als Mittagessen. Dieses nahm ich dann wie ich war zu mir. Für die paar Kunden, welche das Geschäft betraten ein sehr interessanter Anblick.

Leckeres Mittagessen mit dem chinesischen Arzt

Leckeres Mittagessen mit dem chinesischen Arzt

Nach unserer Behandlung wollten Tim und ich eigentlich die Fahrkarten nach Turpan einkaufen, wurden jedoch etwas falsch verstanden. Der Arzt wollte uns nämlich zum Essen einladen, wozu wir für etwas später zusagen wollten. Er schleppte uns jedoch gleich ab, um ein ausgiebiges Mittagessen mit zwei seiner Freunde einzunehmen. Einer der beiden spielte auch die Dutar, welche er sich in dem Lokal lieh, um uns einige Lieder vorzuspielen und -singen. Da ich erst zwei Stunden zuvor gefrühstückt hatte, eine Stunde zuvor in seinem Geschäft ein Laghman erhalten hatte, hatte ich wenig Appetit. Nichtsdestotrotz füllte er immer wieder mein Tellerchen auf, bis ich schliesslich gar nichts mehr ass. Die Essenreste liess er sich dann in Tütchen verpacken und wir machten uns auf den Weg zu einem Fotografen. Dort wurden verschiedene Gruppenfotos geschossen.
Schliesslich verabschiedeten wir uns mit dem Versprechen, am nächsten Morgen um 10 Uhr wieder bei ihm aufzutauchen. Tim und ich machten und darauf hin auf die Suche nach dem Reisebüro, welches Bahnfahrkarten verkaufen sollte. Das einzige Reisebüro, welches wir fanden, wollte uns keine Fahrkarten verkaufen. Uns war nicht klar, ob sie definitiv keine verkaufen konnten oder ob es ihnen zu kompliziert war, sich mit Ausländern abzugeben. Schlussendlich nahmen wir ein Gemeinschaftstaxi zum Bahnhof. Die Jungs wollten das Doppelte haben, was ein normales Taxi gekostet hätte. Tim und ich hatten allerdings schon während der Fahrt ausgemacht, was wir bezahlen würden und das bekamen sie dann auch.

Der Nachtmarkt in Kuqa

Der Nachtmarkt in Kuqa

Im Bahnhof fanden wir im zweiten Anlauf auch den Schalter, welcher bloss Kunden aufwies, aber niemanden der sie bediente. Schlussendlich kam dann doch eine Dame und wir konnten mit kleineren Schwierigkeiten eine Fahrkarten nach Turpan kaufen. Die Herausforderung war, dass ich mir den Namen des Bahnhofes ausserhalb von Turpan notiert hatte, die Dame aber weder diesen Namen noch den Namen Turpan kannte. In Mandarin heisst die Stadt anscheinend Tulufan. Die einzige Fahrtkarte, welcher wir noch ergattern konnten, war ein Stehplatz im Nachtzug. Wir waren gespannt, wie diese Fahrt enden würde, da es laut Reiseführer öfters die Möglichkeit gibt, doch noch einen Sitz- oder Schlafplatz zu ergattern.
Nachdem auch diese Mission erfolgreich gemeistert war, setzte ich mich einmal mehr ins Internet Café, um ein Update über Hotan on-line zu stellen, bevor ich über den Nachtmarkt zur Unterkunft zurück begab. Tim hatte sich auf Grund seiner Erkältung etwas früher Richtung Unterkunft verabschiedet.

Quici Palast

Quici Palast

Im Hotel amüsierten wir uns dann über die Erlebnisse der vergangenen beiden Tage in Kuqa und fragten uns, was noch auf uns zukommen würde. Einerseits Teil zwei mit dem Arzt, andererseits die Zugfahrt mit Stehplatz.
Am Freitag schliefen wir erst einmal tüchtig aus, denn unsere Diskussion am vorangegangenen Abend hatte doch etwas länger gedauert. Da Tim etwas erkältet war, entschieden wir uns, an diesem Tag getrennte Wege zu gehen und uns am Abend im Hotel wieder zu treffen.

Quici Palast: Moschee chinesisch dekoriert

Quici Palast: Moschee chinesisch dekoriert

Ich machte mich auf den Weg, den touristischen Pfaden in Kuqa zu folgen. Dies bedeutete zunächst die Besichtigung des Quici Palastes. Der Monarch, der der Besitzer des Palastes war, war der letzte Herrscher der Qing-Dynastie und lebte immer noch in Kuqa. Der Palast bestand aus einigen Gebäuden, darunter wie sehr häufig eine Moschee. Der Palast war ganz nett zu besichtigen, bot allerdings neben den einigen schlecht beleuchteten Museumsräumen nicht wirklich viel. Die spannendste Tatsache war das Mausoleum. Dieses war nicht für vergangene Generationen gebaut, sondern für den gegenwärtigen Monarchen. Sein Name stand allerdings noch nicht am Grabstein.

Traditionelles Kuqa

Traditionelles Kuqa

Vom Palast spazierte ich die Hauptstrasse zurück Richtung Stadtzentrum. Die Strasse war gesäumt von Häusern einer Architektur, welche ich so bisher noch nicht gesehen hatte. Die Häuserfronten waren nämlich häufig mit Holz dekoriert respektive hatten einen kleinen Säulengang mit bunten Holzsäulen zu bieten. Die Strasse führte zu einer Moschee, wo kurz zuvor das Freitagsgebet zu Ende gegangen war. Wie schon in Kashgar führte dies zu einem grossen Menschenauflauf, mit vielen potentetiellen Kunden für die vielen Händler, welche ihre Waren an den Mann bringen wollten. Obwohl der Markt im Reiseführer als sehenswert angepriesen wurde, empfand ich ihn als eher bescheiden.

Einkaufen in Kuqa: Üeberlaufende Geschäfte in der Altstadt

Einkaufen in Kuqa: Üeberlaufende Geschäfte in der Altstadt

Da der Markt nur einen Teil der Altstadt umfasste, machte ich mich auf den Weg in die übrigen Teile der Altstadt etwas zu erkunden. Mein Weg führte zufällig durch die selben Strassen, wie einen älteren Herrn, der gerade ein Schaf auf dem Markt erstanden hatte und dieses nach Hause führte. Wie in Kashgar ist in der Altstadt der Charakter einer Oase erkennbar.
Gegen 20 Uhr trafen Tim und ich uns beim Hotel, um uns gemeinsam auf den Weg zum Bahnhof zu machen. Wir wollten schon zum Bahnsteig durchgehen, als wir bei der Fahrkartenkontrolle durchfielen. Die nette Dame hatte tags zuvor die Fahrkarten für den aktuellen Tag ausgestellt, so dass uns gesagt wurde, wir müssten die Karten umtauschen. Dies versuchte ich dann bei der Dame, bei welcher wir die Fahrtkarten gekauft hatten. Diese wollte den Umtausch auf keinen Fall zulassen. Sie gab mir mit Hilfe der Anwesenden zu verstehen, dass wir die Fahrtkarten zerreissen könnten und neue kaufen müssten. Dies wollte mir nicht einleuchten, weshalb ich einfach am Schalter stehen blieb und ihr mehrfach die Fahrtkarten durchreichte. Kurz vor Abfahrt des Zuges hatte sie dann genug und funkte mit ihren Kollegen, worauf sie mich zurück zum Bahnsteig sandte. Wir mussten jeder noch eine spezielle Karte für 1RMB kaufen und konnten schliesslich in den Zug steigen.

Sonnenaufgang zwischen Korla und Turpan

Sonnenaufgang zwischen Korla und Turpan

Im Wagen 10 durften wir uns sogar einen Sitzplatz aussuchen. Erstmal waren wir froh, im Zug nach Turpan zu sitzen, doch nächstes Ungemach folgte in Form der Schaffnerin. Diese meinte nämlich, dass die Zusatzkatze für 1RMB nur zum Kauf einer neuen Fahrkarte im Zug berechtigen würde und unsere bisherigen Karten ungültig wären. Diesmal nahm sich Tim der Diskussion an und stellte ebenfalls auf stur. Schlussendlich hiess es, wir könnten bis Turpan im Zug bleiben und das Thema würde dann dort geklärt.
So verbrachten wir die folgenden 19 Stunden auf einem Sitzplatz in einem Bummelzug von Kuqa nach Turpan. Als es hell wurde, sahen wir draussen viel Dunst und erst Berge, später eine riesige Ebene. Ausser Steinen gab es da allerdings nicht viel. Durch die schlechte Sicht war es nicht einmal möglich schöne Fotos von der Gegend zu machen. Kurz vor 14 Uhr stiegen wir im Bahnhof von Turpan, welcher über 50 Kilometer von der Stadt gelegen ist, aus. Wie erwartet interessierte unsere Fahrkartensituation keinen mehr, so dass wir uns auf die Suche nach einem Bus nach Turpan machen konnten. Nach Aussage der Taxifahrer gab es diesen natürlich nicht, Tim konnte sich jedoch mit einem Uighuren verständigen, welcher uns erklärte, wo wir den Bus finden konnten. Dieser brachte uns zum Busbahnhof in Turpan, wo wir gleich ein sehr schönes und günstiges Hotel fanden.

Die nächste Wüste bei Turpan

Die nächste Wüste bei Turpan