Nach einigen Tagen im sehr trockenen, zu grossen Teilen wüstenhaften Nordwesten Chinas machten wir einen grösseren Sprung in die Provinz Guizhou im Süden Chinas. Als eine der regenreichsten und ärmsten Provinzen Chinas bot dies einen sehr guten Kontrast, zu dem, was wir während den letzten Monaten in China gesehen hatten. Ausserdem gab es grössere Veränderungen in den Speisekarten.
Der Zufall wollte es, dass der erste Regentag und unser erste ganztägige Reisetag aufeinander fielen. Sehr zu unserer Freude konnten wir den Regen aus dem Bus und den Flughäfen in Lanzhou und Guyang bewundern. Mit dem Flughafen Shuttle fuhren wir direkt von Wuwei um Zhongchuan Flughafen von Lanzhou. Der etwas ungünstige Fahrplan ersparte uns die Hektik mit mehrfachem Umsteigen in Lanzhou, jedoch hatten wir dafür eine mehr als 4-stündige Pause am Flughafen in Lanzhou zu füllen. Dank Elektronik und Reiseführer jedoch kein Problem.
Guiyang war für uns nur Durchreiseort, so dass wir ein Hotel in der Nähe des Bahnhofes ausgesucht hatten. Nach etwas Verwirrung fanden wir dieses, checkten ein und machten uns auf eine kurze Tour durch die Stadt. Geblieben ist uns vor allem der Eindruck des etwas verlorenen wirkenden Mao auf dem People Square. Eine der grössten Mao Statuen Chinas verschwindet zwischen Leuchtreklamen und sehr bunt beleuchteten Hochhäusern.
Am nächsten Morgen erkundigten wir uns über die beste Transportmöglichkeit nach Kaili, einer Kleinstadt knapp 200km östlich von Guiyang gelegen. Unsere Quellen streiten sich etwas über das Städtchen selber; wir trafgen am Sonntagnachmittag dort auf den Sonntagsmarkt, erkundeten die schmallen Gassen dessen, was von der Altstadt übriggeblieben ist, genossen den Blick vom Dage Park, sowie liessen uns über die aktuellen Bauprojekte informieren. Alles in allem haben wir das Städtchen als sehr angenehm und interessant empfunden, speziell der Sonntagsmarkt, welcher Bewohner der umliegenden Dörfer in die Stadt treibt, um ihre Waren feilzubieten.
In ihren zwei Körben, welche an einer Bambuslatte gehängt über die Schulter getragen werden und gleichzeitig als Marktstand dienen, transportieren die Leute der Miao Minderheit alles was weniger als einen halbe Meter Durchmesser hat. Gehandelt wird auf dem Markt alles was ein paar Yuan bringt. Von Jungtieren und Fleisch aller Arten über Gemüse bis hin zu Bettwaren und Metallwerkzeugen gab es zwischen dem Ost- und dem Westtor von Kaili an diesem Sonntag alles zu kaufen. Zwei Mal hinschauen mussten wir bei den gebratenen Hunden, welche an einem oder zwei Stück angeboten wurden. Aus dem Augenwinkel wirkte es, als sässe ein lebender Hund auf der Strasse.
Den Feiertag am Montag widmeten wir der Natur und den Dörfchen rund um Kaili. Wir hatten uns Langde ausgesucht, wo wir mit dem Bus am Morgen hinfuhren. Zu unserem Glück blieben die grossen Touristenströme am Feiertag aus, wohl auch deshalb weil keine Tänze und Konzerte stattfanden. So konnten wir in aller Ruhe feststellen, wie ähnlich die Häuser der Miao in Guizhou mit den Häusern der Zhuang in Guanxi doch sind. Auch kein Wunder, sind die beiden Minderheiten doch Nachbarn.
Nach der ersten Dorfbesichtigung machten wir uns auf den Weg die Gegend rund um das Dörfchen zu erkunden. Wir folgten dem Weg auf der dem Dorf gegenüberliegenden Seite Fluss aufwärts. Der Weg stieg immer steiler und steiler an, bis wir uns in den Reisfeldern hoch über dem Tal gelegen wieder fanden. Die Bauern erklärten uns, dass es da oben keine Dörfer mehr gab, nur noch einige weitere Reis- und Maisfelder. Wir genossen die frische Luft uns staunten über das, was die Natur so zu bieten hatte, insbesondere die Schmetterlinge, welche uns beim Abstieg um die Ohren flatterten. Von gross bis klein, von einfarbig bis mehrfarbig gab es sehr viele unterschiedliche Exemplare zu begutachten.
Zurück im oberen Langde liessen wir uns kulinarisch mit kalten Nudeln bedienen, bevor wir uns auf den Spaziergang um unteren Langde, an der Hauptstrasse gelegen machten. Der Weg durch Reisfelder und über sehr neue Brücken traditioneller Bauart uns weitere Einblicke in das Leben der Miao Minderheit. Hatten wir vor dem Mittagessen bereits einige Frauen beim Fischen von Hand beobachtet, zeigten uns einige Männer die Kunst des Fischens mit Netz und Taucherbrille. Des weiteren lernten wir, dass die schönen Brücken zur Benutzung gedacht sind, nicht bloss zum Anschauen. So standen wir plötzlich auf der falschen Seite des Flüsschens und eine Felswand versperrte den Weg. Da wir bereits die Füsse im Flüsschen gebadet hatten, wussten wir um die angenehme Wassertemperatur. Kurzerhand zogen wir die Schuhe aus, rollten die Hosen und mussten feststellen, wir unsere Füsse das Barfussgehen auf unebenem Untergrund überhaupt nicht mehr gewohnt waren. Wir bissen auf die Zähne und ein paar Minuten später steckten wir die getrockneten Füsse wieder in Socken und Schuhe und machten uns auf die letzen paar Meter ins untere Langde.
Auch dieses Nest war beinahe ausgestorben, jedoch gaben die hölzernen Installationen einen guten Eindruck, was alles für die Touristen getan wird. Wir füllten unsere Getränkereserven auf, aussen noch einige frische Trauben ehe wir uns mit dem Bus auf den Weg zurück nach Kaili machten.
Im Hotel erkundigten wir uns, wo man denn den Abend des Feiertages verbringt. Vom letzten Jahr in Tianjin kannten wir die kleinen Heissluftballone aus erster Hand und hofften dieses Jahr etwas ähnliches zu finden. Der Hinweis von der Empfangsdame war wohl nicht schlecht, als wir jedoch nach dem Abendessen im Park hinter der Stadtverwaltung ankamen waren nur noch einige versprengte Leute übrig. Zwei Ballone sahen wir noch aus der Ferne. So schappten wir den nächsten Bus zurück zum Hotel, wo wir noch einige Kleinigkeiten erledigten.
Für den Dienstag hatten wir uns Zugfahrkarten direkt von Kaili über Guiyang nach Anshun. Was wir nicht bedacht hatten war, dass wir wohl nicht die einzigen sein würden, welche am Tag nach dem Feiertag mit dem Zug unterwegs sein würden. Entsprechend voll war dann auch der Bahnhof, welcher mit seinen soliden Gittern und Handläufen sehr stark an einen Viehstall erinnerte. Entsprechend kamen wir uns auch vor… Schlussendlich funktionierte der Transport einwandfrei und wir kamen nach rund 4 Stunden Zugfahrt gut in Anshun an. Ein Hotel war auch schnell gefunden, so dass wir uns gemütlich noch etwas die Stadt anschauen konnten. Eher per Zufall fanden wir das, was wohl von der Altstadt noch übrig ist, an den einen Orten schon im Abbruch, an anderen Orten noch in voller Blüte.
Der Höhepunkt des Tages schliesslich war unser Abendessen auf dem Nachtmarkt. Zunächst genossen wir einen frischen Fisch nach Chongqing Art, welcher uns zunächst noch mit Wasser bespritzten, ehe er auf unserem Tisch landete. Es war wohl einer der besten Fische, welche wir in China je gegessen hatten. Zum Dessert genehmigten wir uns geschabtes Eis mit frischer Mango. Einmal mehr rollten wir müde zurück ins Hotel.
Der Grund, weshalb wir Anshun als Etappenort ausgewählt hatten, waren die riesigen Wasserfälle bei Huangguoshu. Noch etwas müde schleppten wir uns aus dem Hotelzimmer, um erst einmal ein Frühstück zu finden. Dank den Erklärungen eines Einheimischen am Vortag stellten wir uns anschliessend an die Bushaltestelle der Linie 16. Nach kurzer Wartezeit traf der Bus ein und 14 Haltestelle später trafen wir am Ende der Buslinie beim modernen Ostbusbahnhof ein. Speditiv wurden wir abgefertig und sassen knappe 15 Minuten später im Bus nach Huangguoshu.
Wir hatten gelesen, dass man zur sehr teuren Eintrittskarte zu den Wasserfällen auch immer noch eine Busfahrkarte für den Besuch bezahlen muss. Allerdings stellte es für uns kein Problem dar, nur die Eintrittskarte zu erhalten. Mit etwas Hilfe erreichten wir dann auch zu Fuss die ersten Kaskaden namens Douputan. Wir stellten fest, dass es auch hier gut war, etwas nach den Sommerferien den Ort zu besuchen. Wir drehten eine Runde in dem kleinen Pärkchen am Fluss und machten uns weiter auf den Weg Richtung grossem Wasserfall. Nach wenigen hundert Metern der Strasse entlang gab es eine gesperrte Strasse und ein kleines geöffnetes Törchen. Die anwesenden Herren liessen uns passieren und wir genossen die brandneue Touristenanlage fast alleine. Wie sich später herausstellte war dieser Teil erst gerade fertig gebaut worden und noch nicht offiziell zugänglich, von der Seite des Wasserfalls auf jeden Fall galt dieser Teil als unzugänglich.
Was uns etwas nachdenklich stimmte waren die Plakate, welche die Entwicklung dieser Ecke in den letzten acht Jahren zeigten. Stand hier in 2006 noch ein ganzes Dörfchen ist heute davon nichts mehr zu sehen. Stattdessen gibt es einen teilweise überdachten Holzsteg und viel Grün. Die Bilder vom März 2014 zeigen, dass zu jenem Zeitpunkt noch keine Pflanzen vorhanden waren. Wir können nur hoffen, dass die Dorfbewohner entsprechen entschädigt und einen neuen Job jenseits des selbständigen Erwerbs mit den Touristen gefunden haben.
Beeindruckt waren wir dann als der Wasserfall in unser Sichtfeld rückte. Wenn ein mehr als 80 Meter breiter Fluss, welcher gut Wasser führt rund 77 Meter in die Tiefe stürzt wird eine Menge Energie umgewandelt. Entsprechend tost und stiebt es auch in der ganzen Schlucht. Die dünnen Plastikponchos welche überall verkauft werden, sind dann trotzdem etwas übertrieben, ganz so nass wird man nicht ausser man stellt sich unter den Wasserfall. Wie beworben bieten die hervorragenden Fusswege die Möglichkeit den Wasserfall aus sechs Richtungen zusehen: von oben, von unten, von links, von rechts, von vorne und von hinten. Besonders spektakular ist der Weg, welcher einem von vorne zuerst nach links und dann hinter den Wasserfall führt.
wir schauten uns den Wasserfall aus allen sechs Richtungen genauestens an, bevor wir die nächste schwierige Entscheidung zu treffen hatten. Sollten wir zu Fuss, mit dem Taxi oder mit dem Shuttle-Bus zu den weiteren Sehenswürdigkeiten bei der Tianxing Brücke begeben. Der Taxifahrer gab uns das Gefühl, dass wir von seiner Sorte wenig vernünftiges zu erwarten hatten, um zu Fuss zu gehen war es bereits zu spät (und wie sich später herausstellte war dies sowieso eine unvernünftige Idee), so dass wir schlussendlich doch die teueren Busfahrkarten kauften. Würden wir die Expedition noch einmal machen, würden wir die Karten von Anfang an kaufen, denn nun waren wir etwas auf den Goodwill der Busfahrer angewiesen, um etwas mehr als eine volle Runde zum Standardpreis mitfahren zu dürfen. Dies stellte jedoch kein Problem dar.
Die Landschaft bei der Tianxing Brücke war dann nochmal atemberaubend. Die Felsformationen, welche nach dem Werk des Wassers noch übrigblieben war, waren meisterhaft. Jedoch konnte man sich nicht immer sicher sein, was nun natürlich und welche Anteile künstlich hinzugefügt wurden, um dem Besucher einen möglichst eindrucksvollen und angenehmen Besuch zu ermöglichen. Wir genossen die Wanderungen durch die Felsen, besichtigten die riesige Halle der Tianxing Höhle, bewunderten den Xixiang Wasserfall bevor wir uns bequem mit der kleinen Gondelbahn den Fluss nochmals von oben betrachten konnten.
Mit dem Bus kurz nach 18 Uhr wurden wir fast direkt vor unserem Hotel in Anshun wieder abgeliefert. Dies gab uns die Möglichkeit unseren kleinen Rucksack im Hotel zu deponieren, bevor wir uns wieder auf zum Nachtmarkt machten um uns zu stärken und später einige Kleinigkeiten für den bevorstehenden Reisetag einzukaufen.