Der Hexi Korridor: Reise nach Osten

Die Danxia Landschaft in der Nähe von Zhangye

Die Danxia Landschaft in der Nähe von Zhangye

Nach gut zwei Tagen in der Wüste in Dunhuang war das erste Mal während unserer Reise Zeit, die Rucksäcke zu packen. Zum Glück haben wir uns diesmal entschieden leicht zu reisen, so dass jeder von uns weniger als 10kg zu packen hatte (plus den kleinen Rucksack mit der Foto- und Elektronikausrüstung). Um 8:40 fuhr der Bus nach Jiayuguan, dem Westende des Hexi-Korridors, welcher die kommenden Tage unsere Richtung vorgab.

Der Besuch von Dunhuang, sowie die anschiessende Reise von dort durch den Hexi-Korridor, zwischen der Wüste Gobi und dem tibetanischen Plateau gelegen, führte uns eindrucksvoll vor Augen, dass jede der Städte, durch welche man fährt, eine Oase ist. Ist die Landschaft zwischen den Städten karg und auf den ersten Blick von keiner Pflanze belebt, tauchen nach den ersten Felder und Bäumen immer gleich Häuser auf. Das Hüpfen von Stadt zu Stadt im Hexi-Korridor erinnert sehr stark an die ehemalige Seidenstrasse. Kamele, welche in fast jeder Stadt als Touristenattraktion geritten werden können, lassen einen sich die Karawanen durch die karge Landschaft vor Augen führen. Ebenso die grünen Abschnitte, welche durch ihre grüne Vegetation mit teilweise Schneebergen im Hintergrund für einige Momente an Mitteleuropa erinnern, die als Ruhe- und Raststätten gedient haben müssen.
Der erste Halt war für mich ein Déjà-Vu mit dem westlichen Ende der grossen Mauer während der Ming-Dynastie: das Städtchen Jiayuguan. Direkt an der Autobahnausfahrt wurden wir vom Bus abgesetzt und schnappten uns einen der bereitstehenden Taxis zum Busbahnhof. Dort in der Nähe wurden wir gleich im zweiten Hotel fündig und erhielten ein Zimmer für eine Nacht. Da es bereits 14 Uhr war, entschieden wir uns, die touristischen Sehenswürdigkeiten am folgenden Tag zu besuchen und die Stadt zu Fuss etwas zu erkunden. Nahe des Hotels fanden wir einen Markt mit angegliedertem Restaurant-Viertel, welches wir in der Folge gleich zwei Mal besuchten.

Die Südspitze des westlichen Endes der grossen Mauer während der Ming-Dynastie

Die Südspitze des westlichen Endes der grossen Mauer während der Ming-Dynastie

Nach einem leckeren Frühstück im obengenannten Restaurant-Viertel fanden wir bald ein Taxi, mit welchem wir uns für die folgenden 5 Stunden rund um Jiayuguan bewegten. Erster Stop war der Besuch des ersten Wachturms der grossen Mauer. War es bei meinem letzten Besuch hier vor knapp 3 Jahren sehr dunstig, konnten wir diesmal den Blick auf die Nahe gelegenen Schneeberge geniessen. Ein weiterer Unterschied ist, dass man damals mit dem Taxi gleich zum Wachturm fahren konnte. Diesmal mussten wir am Eingangstor auf ein Touristenbüschen umsteigen, für welches nochmals Geld einkassiert wurde. Während der Wachturm heute einem Haufen Erde gleicht, ist die dahinter gelegene Schlucht sehr beeindruckend. Dadurch das die beiden Ufer über eine wacklige Hängebrücke verbunden sind, hat man die Möglichkeit, sich alles aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Einzig die Shops und Vergnügungsmöglichkeiten wirkten eine Woche nach den grossen chinesischen Sommerferien wie ausgestorben.

Die Dame in rot auf der überhängenden Mauer in der Nähe von Jiayuguan

Die Dame in rot auf der überhängenden Mauer in der Nähe von Jiayuguan

Der zweite Stop galt der überhängenden grossen Mauer, dem Nordende des kleinen Mauerabschnittes in Jiayuguan, welcher durch den Verlauf von Nord nach Süd während der Ming-Zeit die Feinde aus dem Westen abgehalten hatte. Es war interessant, zu sehen wie sich zu den Kunststoffkamelen, welche bereits vor knapp drei Jahren dort waren, sich eine Karawane von Weisen aus Stein hinzugesellt hat. Ebenso wurde etwas weiter eine kleine Skianlage erstellt.

Solides Mauerwerk des Forts von Jiayuguan

Solides Mauerwerk des Forts von Jiayuguan

Zum Schluss setzte uns unser Taxifahrer beim grossen Fort von Jiayuguan ab. Die mächtige Festung mit ihren bis zu 17m dicken Mauer wirkt nach wie vor uneinnehmbar. Allerdings ist dies heutzutage einfach möglich, falls der Geldbeutel dick genug ist. Wir begutachteten das Fort von unten bis oben, von hinten bis vorne, bevor wir uns zum Mauermuseum aufmachten. Das Museum gibt einen tollen Einblick in die geografische Situation, sowie in das Leben, welches um und auf der Mauer geherscht hatte. Lenka und ich können nun stolz behaupten, dass wir die Mauer von Ost bis West gesehen haben, einerseits das Ostende in Shanhaiguan, andererseits die Westenden in Jiayuguan (Mauer der Ming-Dynastie) und Jadetorpass (Mauer der Han-Dynastie). Das dazwischen Lücken von einigen tausend Kilometern aufklaffen ist bloss ein Detail.
Nach einem rasanten Mittagessen neben dem Busbahnhof setzten wir uns schon in den nächsten Bus, welcher uns über die Alkoholquelle (é…´æ³o/oo, Jiuquan) nach Zhangye brachte. Um 20 Uhr hatten wir dann auch schon beim vierten Hotel Glück, dass sie Ausländer aufnehmen durften. Nach der obligaten Preisverhandlung stürzten wir uns noch kurz ins Abendleben, um unsere Mägen wieder aufzufüllen. Dies taten wir erfolgreich mit einem kleinen Hotpot direkt neben der Statue von Marco Polo, welcher in Zhangye rund ein Jahr verbracht haben soll uns dem es wohl zu verdanken ist, dass die Architektur in jener Strasse sehr entfernt an Venedig erinnert.

Märchenhafte Danxia Landschaft bei Zhangye

Märchenhafte Danxia Landschaft bei Zhangye

Für den Tag in Zhangye hatten wir uns nicht zu viel vorgenommen, so dass wir den Tag etwas später begannen. Kurz vor 10 Uhr standen wir dann am Westbusbahnhof für eine Fahrt zu bunten Bergen rund 40km südlich von Zhangye. Nachdem ich das selbe Foto von den bunten Felsen mehrfach gesehen hatte, befürchtete ich, dass es wohl ein verfärbter Fels sein würde, den es da zu sehen gab. Jedoch weit gefehlt. Bereits bevor wir zum Eingang des Geoparks kamen, fuhren wir an Bergen mit mehreren verschiedenen Farbtönen vorbei.

Mehr märchenhafte Danxia Landschaft bei Zhangye

Mehr märchenhafte Danxia Landschaft bei Zhangye

Leider sind wir nicht schlauer geworden, wodurch die Verfärbungen genau entstanden sind. Doch wir haben begriffen, dass es sich dabei um verschiedene Sedimentschichten handelt, welche wohl über Millionen von Jahren entstanden und später durch die Plattentektonik zu Tage gefördert wurden. Die Farbtöne reichen von rot über braun bis grün und ocker. Busse shuttlen einem von Aussichtsort zu Aussichtsort und mit ein paar Schritten erhält man den Eindruck, man sei in einer wahrhaftigen Märchenlandschaft aufgewacht. Wir wussten nicht wohin wir schauen sollten, rund um uns herum befanden sich bunte Berge mit den unterschiedlichsten Mustern.

Irdene Stupa im Tempelkomplex des grossen Buddha in Zhangye

Irdene Stupa im Tempelkomplex des grossen Buddha in Zhangye

Als wir uns schliesslich wieder gefasst hatten, begaben wir uns zum Ausgang, wo schon der Bus nach Zhangye auf uns wartete. Rund eine Stunde später waren wir in der Stadt angekommen, schnappten uns ein Taxi um dem grössten, liegenden, hölzernen Buddha in einem Gebäude in China zu betrachten. Aus unser uns befanden sich nur zwei Reisegruppen dort, so dass wir uns den Buddha, seinen Tempel und die angegliederten Ausstellungen in Ruhe betrachten konnten.

Die hölzerne Pagode von Zhangye

Die hölzerne Pagode von Zhangye

Auf dem Weg zum Abendessen statteten wir der hölzernen Pagode, sowie dem Park nördlich der Mingqingjie, der einzigen Strasse in Zhangye, welche einen antiken Charakter hat, ab. Etwas verlassen steht die Pagode auf einem riesigen Platz, hat aber ihren eigenen Charme.

Nachtleben in Zhangye

Nachtleben in Zhangye beim Trommel- und Glockenturm

Wir fragten im Hotel noch kurz nach, von welchem Busbahnhof die Busse nach Wuwei fahren würden. Glücklicherweise war die Antwort, dass sie auch am Westbusbahnhof losfahren würden, so dass wir am nächsten Morgen nur einen kurzen Weg hatten. Da im Hexi-Korridor Nudeln die Mahlzeiten dominieren (in Dunhuang und Jiayuguan gab’s noch Reisporridge zum Frühstück), kauften wir nur ein paar Rohmaterialien ein und genossen unser Frühstück im Bus, welchen wir direkt besteigen konnten. Nach dem üblichen Anhalten an vielen Orten in der Stadt und dem Einsammeln von Kisten und Passagieren fuhren wir schlussendlich der grossen Mauer entlang nach Wuwei. Es war beeindruckend über hunderte von Kilometern immer wieder Fragmente der Mauer zu sehen. Üeber Zahlen hinaus gab uns diese Fahrt einen guten Einblick in was tausende Kilometer von Mauer eigentlich in der Natur draussen bedeuten.

Brandneues historisches Südtor in Wuwei

Brandneues historisches Südtor in Wuwei

In Wuwei half uns dann ein netter Einheimischer das neue Südtor der Stadtmauer zu finden, neben welchem wir auch gleich unsere Unterkunft für die kommende Nacht bezogen. Mit Hilfe eines Stadtplans der uns an der Hotelrezeption ausgeliehen wurde, konnten wir uns orientieren und den Schlachtplan für den Nachmittag auslegen.

Kumarajiva Pagode in Wuwei

Kumarajiva Pagode in Wuwei

Wir entschlossen uns einen Rundgang durch die Stadt, vorbei an Konfuziustempel, Grosse Wolkentempel, Zentralplatz, Kumarajiva Pagode und zum Schluss zum fliegenden Pferd. Während der Konfuziustempel gerade im Umbau war und der Wolkentempel sehr bescheiden ist, ist die busshistische Tempelanlage rund um die kumarajiva Pagode zwar brandneu und immer noch im Bau, jedoch sehr imposant und in beeindruckenden Farbtönen gehalten.

Das fliegende Pferd von Gansu in Wuwei

Das fliegende Pferd von Gansu in Wuwei

Das Wahrzeichen der Stadt allerdings ist das fliegende Pferd, welches 1969 in einer Grabkammer unterhalb des Leitai Tempels gefunden wurde. Das kleine kupferne Pferd, welches mit einem Huf auf einem fliegenden Vogel steht, sowie die restlichen Kupferkrieger (ähnlich der Terrakotta-Armee in Xi’an) wurden in Gross nachgebaut und zieren mittlerweile den enormen Eingang zur Tempelanlage.
Auf der Suche nach einem leckeren Abendessen machten wir noch einen kurzen Umweg über den Markt. Als uns einer der Händler erblickte, begann er gleich mit seinen Nachbarn über die amerikanischen Besucher zu sprechen. Er staunte nicht schlecht, als ich in korrigierte, dass wir nicht aus den USA kommen würden, sondern aus der Slowakei und der Schweiz. Auch die Händler bei denen wir Zwischenverpflegung und einige Früchte einkauften reagierten eher verweirrt auf die Fremden. Wuwei sieht anscheinend nicht sehr viele Ausländer. Und wenn diese noch ein paar Worte Chinesisch sprechen ist die Üeberraschung komplett.
Schlussendlich verzerrten wir einen leckeren Fisch unweit von unserem Hotel und rollten mit gefüllten Mägen dorthin zurück, um den Lesern einen frischgepressten und noch etwas warmen Blogpost liefern zu können…
Doch wohin geht es morgen?