Khiva: Das Freilichtmuseum

Gespannt fieberte ich dem Tag entgegen, an welchem ich Turkmenistan verlassen würde und in Usbekistan die berühmten Städte der Seidenstrasse zu besuchen. Und wo ich mich endlich wieder frei bewegen können würde. Aber wie würde der Grenzübertritt verlaufen?

Nach meinem Frühstück im Hotel Uzboy in Dashoguz traf pünktlich um 9 Uhr mein Fahrer zur turkmenisch-usbekischen Grenze ein. Von der Einreise her kannte ich die turkmenische Mentalität, dass alles sehr gemächlich geht, aber ohne Schwierigkeiten verläuft. Gespannter war ich auf die usbekische Seite über die ich einiges Unangenehmes gelesen hatte.
Als wir bei der Grenze ankamen traf mich erst einmal der Schlag. Zig Leute standen bereits in der Schlange und es schien nicht, als würde sich diese bewegen. Zu meinem Glück hiess es aber, dass der Tourist sich vorne anstellen dürfe. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, warteten einige der turkmenischen und usbekischen Grenzgänger sicher schon eine ganze Weile. Im Gegensatz zur Einreise musste ich bei der Ausreise eine Zolldeklaration ausfüllen. Die Zöllner waren von dem einen Touristen so begeistert, dass dies aber sehr unkompliziert und amüsant von statten ging. Der eine Zöllner der sehr gut Englisch sprach war dann eher an meinem Berufsleben interessiert. Er hatte zwischenzeitlich in der IT gearbeitet und wollte einige Details wissen.

Statue ausserhalb des Westtores der Altsstadt von Khiva

Statue ausserhalb des Westtores der Altsstadt von Khiva

Als ich dann den Ausreisestempel hatte, durfte ich in einen Minibus einsteigen und zur usbekischen Grenzstelle fahren. Dort erhielt ich sofort den Einreisestempel und dann kam wieder die Zolldeklaration. Zum Glück wusste ich aus dem Reiseführer, dass man alles Geld, das man bei sich hat auf den Cent genau angeben muss. Ich tat dies auch brav mit allem Geld, was nicht irgendwo tief unten im Rucksack verstaut war. Wichtig ist in Usbekistan, dass man nicht mehr Geld ausführen darf, als man eingeführt hat. Limiten gibt es aber keine. Der erste Beamte winkte mich mit den beiden Kopien der Zolldeklarationen dann durch, dem zweiten war dann aber ein Fehler aufgefallen. Ich hatte als Zielland Kirgisien angegeben. Gemeint war allerdings, dass ich dort Usbekistan einfüllen müsste. Also nochmals zurück, nochmals zwei Formulare ausfüllen und beim zweiten Mal klappte dann alles einwandfrei. Das ganze Prozedere nahm ungefähr eine Stunde in Anspruch.

Die Stadtmauer von Khiva

Die Stadtmauer von Khiva

Nun galt es sich mit den Sammeltaxis auf der usbekischen Seite anzufreunden. Der Herr, welcher die Taxis vermittelt rief dann einen englischsprechenden Freund an, dem ich einen Preis nennen sollte, was ich bereit bin zu zahlen. Da ich keine Ahnung von den realen Preisen hatte, nannte ich einen Preis, der dem Herrn um einen Faktor 4 zu niedrig war. Schlussendlich einigten wir uns und ich war in einem Daewoo Tico, vermutlich dem kleinsten Auto mit der kleinsten Knautschzone überhaupt, unterwegs nach Khiva. Bei Ankunft wollte der Fahrer 2000 Som mehr haben, die er aber nicht bekam.

Das Pahlavun Mahmud Mausoleum in Khiva

Das Pahlavun Mahmud Mausoleum in Khiva

Da mittlerweile nicht mehr alle Unterkünfte in Khiva geöffnet sind, machte ich mich auf den Weg zur Tourist Information und erkundigte mich nach einer günstigen Unterkunft. Diese empfahlen mir das Mirzaboshi B&B, welches laut Eigentümmer eine der wenigen Unterkünfte mit Strom, Heizung und Warmwasser sei. Wie ich dann feststellen musste ist das mit der Heizung eher relativ gemeint und ich war schliesslich froh endlich einen Verwendungszweck für meinen Schlafsack zu haben…
Den Nachmittag nutzte ich um die Altstadt und den Basar etwas zu erkunden. Beim Betreten der Altstadt wurde ich gleich aufgefordert ein Ticket für die Altstadt, welches zwei Tage gültig ist, zu kaufen. Dieses Ticket erlaubt die Altstadt zu fotografieren und gilt als Eintrittskarte für fast alle Sehenswürdigkeiten. Da ich noch einen ganzen Tag in der Stadt haben würde, entschied ich mich die Museen erst am Mittwoch zu besuchen.

Strassenzug in der Altstadt von Khiva

Strassenzug in der Altstadt von Khiva

Das turkmenische Essen der letzten Tage war mir anscheinend nicht sonderlich bekommen, so dass ich mich entschied, am Dienstag einen kurzen Tag zu machen und den Mittwoch ebenfalls etwas behutsam anzugehen. Zunächst suchte ich eine Möglichkeit für Internet Zugang, was dann doch einige Zeit in Anspruch nahm. Schlussendich hatte ich dann einmal mehr in einem Hotel einen Zugang erhalten, theoretisch sogar Wi-Fi, was aber mit meinem Rechner nicht so recht wollte. Ich durfte dann die Rechner an der Rezeption durchprobieren und schlussendlich hatte ich einige E-Mails geschrieben und den letzten Blog-Post aus Turkmenistan hochgeladen. Was mich freute war, dass ich nach knapp zwei Wochen eine Nachricht aus Van erhalten habe, dass es der Famile Dag nach dem zweiten Erdbeben gut geht. Auch ist Usbekistan nach dem Iran und Turkmenistan wieder ein Land in dem auf alle Webseiten, welche für mich relevant sind, zugegriffen werden kann.

Die Mohammed Rakhim Khan Medresse in Khiva

Die Mohammed Rakhim Khan Medresse in Khiva

Nach dem Mittagessen stürzte ich mich dann auf die Sehenswürdigkeiten von Khiva. Fast jedes Gebäude der Altstadt ist ein Museum oder kann mindestens besichtigt werden. Die Museen fand ich weniger beeindruckend, doch die Gebäude und deren Innenhöfe fanden dafür umso mehr Zuspruch. Es gibt keinen Innenhof, welcher nicht mit bunten Fliessen dekoriert ist. Obwohl Khiva eine sehr alte Stadt ist, datieren die meisten Gebäude aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Gelohnt hat sich auch der Aussichtsturm des Kuhna Ark, des Herrscherpalastes in Khiva. Von dort ergibt sich ein herrlicher Ausblick über die gesamte Altstadt.

Die Altstadt von Khiva von oben

Die Altstadt von Khiva von oben

Zum Abendessen besorgte ich mir dann auf dem Markt ein Brot und ging anschliessend ins Hauptgebäude des Mirzoboshi B&B um mit dem Besitzer und seinen Freunden über die Fahrgelegenheiten nach Bukhara zu diskutieren. Was ich zum Glück schon festgestellt hatte war, dass der B&B Besitzer ziemlich mit seinen Preisen übertreibt. Wir hatten dann eine langwierige Diskussion und einigten uns schlussendlich auf eine Preisstaffelung, sollten wir noch weitere Leute zur Mitfahrt finden. Mein Bauchgefühl sagte mir allerdings, dass ich mit dem Fahrer alleine in Bukhara ankommen sollte.

Reicher Mann: wieviel Geld halte ich in der Hand? Hinweis: es sind 320 Scheine

Reicher Mann: wieviel Geld halte ich in der Hand? Hinweis: es sind 320 Scheine

Wir machten aus, dass wir uns um 8:30 zu Frühstück treffen, um dann zeitig um 9 Uhr loszukommen. So war zumindest der Plan. Um 9 Uhr verliessen wir dann auch unsere Räumlichkeiten um uns auf den Weg zum Hauptgebäude des B&B, einige hundert Meter entfernt, zu begeben. Dort musste der Fahrer erst einmal sein Auto enteisen. Dies tat er, indem er die Zündung und die Heizung einschaltete und wartete. Ich bezahlte in der Zwischenzeit meine Rechnung und ging nochmals auf Toilette. Rund 20 Minuten später war das Auto dann auch enteist und gegen 9:45 machten wir uns dann tatsächlich auf den Weg.
Wir hatten ausgemacht uns in Chasorasp nach Mitfahrern Ausschau zu halten. Die Fahrt bis dahin, durch ems bewirtschaftetes Ackerland, dauerte rund eine Stunde. Die Verzögerungen ins unserer Abfahrt waren so gross, dass wir in dem Städtchen durchkamen, als die ganzen Busse Richtung Süden schon durchgefahren waren und wir somit niemanden mehr mitnehmen konnten. Ich hasse es, wenn Bauchgefühle sich auf diese Art und Weise bewahrheiten!
Sobald wir Chasorasp verlassen hatten gab es zwei wesentliche ûnderungen: einerseits wurde aus dem Ackerland, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, Wüste und andererseits wurde die Strasse plötzlich schlechter. Mir wurde langsam klar, weshalb die Herren am Vorabend so ein Theater um Preis und schlechte Strassen gemacht hatten. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer für die Fernfahrer zwischen Khiva und Bukhara: die fast 300km lange Baustelle durch die Wüste, welche in einer richtigen Autobahn enden soll. Frustrierend ist nur, dass der neue Fahrstreifen vielerorts schon fertig gebaut ist, man jedoch auf einer Fahrbahn fahren muss, welche einem Wellenbad Konurrenz machen könnte. Gibt es eine Möglichkeit auf die neue Fahrbahn zu wechseln, wird dies von einigen auch ausgenutzt. Die Mehrheit fürchtet sich allerdings davor, von der Polizei erwischt zu werden und bleibt auf der für sie vorgesehenen Fahrbahn. Bis auf ein Stück, auf welchem Mann immer wieder auf die neue Fahrbahn wechseln kann, allderdings erst die Trasse vorbereitet ist. Diese ist allerdings immer noch besser als die alte Strasse, weshalb beinahe sämtliche Fahrer von ihr Gebrauch machen. Daher wurden auf der neuen Trasse in Abständen von rund 100m jeweils Strassenblockaden aus Betonelementen aufgebaut, welche dem Gebahren aber in keinster Weise entgegenwirken. Die Blockaden werden kurzerhand umfahren, um gleich wieder auf die neue Trasse zurückzukehren.

Slalom fahren für guten Strassenbelag in der Kyzylkum Wüste

Slalom fahren für guten Strassenbelag in der Kyzylkum Wüste

Wir machten eine halbe Stunde Mittagshalt in einer kleinen Raststätte, wo es wie in Turkmenistan Fish Schaschlik gibt. Etwas später folgte noch ein Teehalt beim Cousin des Fahrers, von dem er einen Stapel Geld gereicht erhält, den er dann kurz vor Buchara abliefert. Ich hatte ebenfalls die Hände aufgehalten, durfte aber kein Geld entgegen nehmen.
Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir Buchara, wo ich direkt beim Hotel Nodirbeg abgeliefert wurde. Der Junge an der Rezeption sprach fliessend Französisch, so dass wir die wichtigsten Dinge sofort klären konnten. Beim Preis schockiert er mich allerdings. Die ganzen Gästehäuser in Buchara sollten Einzelzimmer für 10 US$ anbieten, er verlangt aber 25 US$. Die Sache klärt sich relativ schnell, denn er fragt mich, was ich den bereit sei, zu bezahlen, ein sich wiederholendes Schema in Usbekistan. Ich nenne ihm die zehn Dollar, worauf er meint, ich könnte das Zimmer für 12 US$ inklusive Frühstück haben. Ich schüttelte noch einmal den Kopf und erhielt mein Zimmer für 10 US$. Das erste Mal, dass ich so einfach erfolgreich einen Preis verhandelt hatte! Dafür bietet er einen noch besseren Wechselkurs an…

Uzbekische Autobahnrastätte

Uzbekische Autobahnrastätte

Zum Abendessen bringt mich der Junge von der Rezeption dann in eines der wenigen geöffneten Restaurants, wo ich gleich beim Betreten zwei Touristen sehe. Ich frage die beiden, ob ich mich zu ihnen hinsetzen kann und nach einigem hin und herfragen einigen wir uns auf die Sprache Schweizerdeutsch. Ist doch für uns beide am einfachsten! Marysa und Stefan sind mit dem Auto für geplante 3 Jahre auf Weltreise. Unterwegs sind die beiden seit einem respektive vier Monaten und mit dem Land Rover von der Schweiz losgefahren. Aktuell fahren sie von Zentralasien Richtung Turkmenistan, um später über den Iran nach Dubai zu gelangen, wo sie das Auto Richtung Mumbai in Indien verschiffen wollen. Ihren Erlebnissen nach birgt das Reisen mit dem eigenen Auto auch einige interessante Eigenheiten, insbesonderen bei Grenzübergängen, wie man sich denken kann.
Nach dem Essen trennten sich unsere Wege wieder, die beiden fuhren am kommenden Morgen nach Khiva, während mein Ziel war, die Stadt Bukhara und ihre Sehenswürdigkeiten zu entdecken.