Bukhara: Modern Babylon

Nach der langen Fahrt von Khiva nach Bukhara waren zwei gemütliche Tage in Bukhara angesagt. Diese nutzte ich, um die märchenhaft schöne Altstadt zu besichtigen und einige interessante Dinge über die Leute zu erfahren.

Mein Zimmer im Hotel Nodirbek war so angenehm, dass ich am morgen nach dem Erwachen erst einmal liegen blieb. Obwohl der Reiseführer den Leser wissen lässt, dass man für die Stadt Bukhara zwei Tage einplanen soll, hatte ich es nicht eilig. Mich würde interessieren, was die Schreiber solcher Reiseführer wirklich zwei Tage lang machen…

Die Ulugbek Medresse

Die Ulugbek Medresse

Der Schock kam jedoch, als ich mich duschen wollte. Das beim Ã-ffnen des Warmwasserventils nicht gleich siedend heisses Wasser aus der Brause strömt, habe ich in der Zwischenzeit begriffen. Und dass es mitunter Minuten dauern kann, bis dann wirklich warmes Wasser kommt auch. Aber dass das Wasser nur knapp merklich wärmer wird, hatte ich bisher noch nicht erlebt. Immerhin war es gerade warm genug, um den Kopf unter die Brause zu halten und die Haare zu waschen. Für den Rest war ich einmal mehr froh einen Waschlappen und Seife mitgenommen zu haben.
Nach dem Frühstück machte ich mich auf zum Hotel Asia, denn dort sollte es eine besonders gut funktionierende Internetverbindung geben. Der freundliche Herr an der Rezeption gab mir den Zugangscode und sein Kollege überredete ihn, dass Internetzugang im Hotel kostenlos sei, was es für die Gäste des 4-Sterne Hotels sicher auch ist. Mein Netbook meldete allerdings, dass die Internetverbindung gar nicht funktionierte. So machte ich mich auf den Weg ins Internetcafé und kommunizierte dort kabelgebunden. Nur schade dass der Proxy des Internetcafés mindestens einen Bug hat und zwischendurch Fehlermeldungen zurückgibt. So war es über den Proxy nicht möglich, die Tags zu meinem Blogpost zu setzen. Aber für solche Fälle hat man ja die VPN Software, welche eigentlich zur Umgehung von Zensur gedacht ist.

Mir-i Arab Medresse und Kalon Minarett und Moschee

Mir-i Arab Medresse und Kalon Minarett und Moschee

Nachdem die Kommunikation mit der nicht-reisenden Gesellschaft abgeschlossen war, brachte ich meinen kleinen Rucksack mit der ganzen Elektronik zurück zum Hotel. Jetzt wo es etwas kälter ist und ich die warmen Sachen anziehen muss, wiegt die Elektronik schon mehr als ein Viertel des Gesamtgewichtes meines Gepäcks.
Im Hotel fragte ich dann nach Bahnverbindungen und Fahrkarten nach Samarkand. Die Information, dass es morgens um 8:05 einen Schnellzug gibt stimmt immer noch. Der freundliche herr an der Rezeption bot mir an, für 5US$ eine Fahrkarte zum Preis von 10US$ zu organisieren. Ich entschied mich dann für die Variante für rund 0.50US$ zum Bahnhof und zurück zufahren, um eine Fahrkarte für 6US$ zu kaufen. Sein weiteres Angebot mit einem bestellten Taxi für 10US$ zum Bahnhof zu fahren, war ebenfalls sehr grosszügig. Immerhin gab er mir dann auch die Information, mit welcher Marschrutka, einem Linien-Minibus, ich ebenfalls zum Bahnhof gelangen könnte. Üeberrascht war ich am von den strengen Sicherheitskontrollen. So musste ich mal wieder meinen Reisepass vorweisen und wurde nach Bomben durchsucht. Das einzige was beim Abtasten aufgefallen war, war nicht der Fotoapparat in der Tasche, sondern das dicke Geldbündel.

Modari Khan Medresse

Modari Khan Medresse

Zurück in der Altstadt bummelte ich durch die Gassen und fotografierte jedes fotogene Gebäude. Unzählige Medressen und Moscheen, sowie Minarette zieren Bukhara. Wenn man sich diese Gebäude anschaut, fragt man sich, was eigentlich Schweizer gegen Minarette und womöglich auch Moscheen haben. Anstatt sie zu verbieten, sollte man erzwingen die Bauten in Bukhara als Vorbild zu nehmen, denn diese sehen auch bei Bewölkung und leichten Regen gut aus.

Die Maghoki-Attar Moschee

Die Maghoki-Attar Moschee

Bei der Besichtigung des Arks, des königlichen Hofs, traf ich auf einen Einheimischen Verkäufer, der mir nichts verkaufen wollte, sondern interessiert daran war, Deutsch zu sprechen. Wir unterhielten uns über eine Stunde, wobei er mir die Motivation und die Art und Weise erklärte, wie und warum er Deutsch lernt. Bukhara ist sehr stark vom Tourismus geprägt. ûhnlich wie in Khiva ist die Altstadt um diese Jahreszeit abends beinahe tot. Ulugbek erklärte mir, dass die Einheimische in einen Winterschlaf mit Unterbrechungen fallen würden. Er nutzt den Winter, um sich in einem rund 3 Quadratmeter grossen Raum im Ark Deutsch zu lernen. Wenn er nicht gerade seinem Onkel in seinem Geschäft aushilft, sitzt er in dem kleinen Raum, welchen er mit einer Herdplatte am Boden heizt und brütet über deutscher Literatur. Jedes Wort, welches er nicht versteht, schlägt er in einem Russisch-Deutsch Wörterbuch nach und schreibt es sich auf. Andererseits bringt er sich auch Sätze bei, welche er dann gerne wiedergibt, wie derjenigen mit dem Winterschlaf mit Unterbrechungen. Ziel seines Selbstudiums ist es, als deutschsprachiger Führer in Bukhara arbeiten zu können. Bis zum nächsten Frühjahr sollte Ulugbek dann auch sein Deutsch soweit poliert haben, dass das klappt. Für die Handynummer von Ulugbek bitte einfach melden.

Lyabi-Hauz

Lyabi-Hauz

Ich hatte mich mit Ulugbek auch über Sprachen unterhalten und er war von meinen Sprachkenntnissen beeindruckt. Warum verstehe ich allerdings nicht, denn unter anderem lebt in Bukhara eine tadschikische Minderheit. Deren Sprache ist persischen Ursprung und nahe mit der heutigen Sprache des Irans verwandt. Die Mehrheit in Usbekistan spricht aber Usbekisch, eine mit dem Türkischen verwandte Sprache, weshalb Ulugbek natürlich auch Usbekisch spricht. Und zu guter letzt ist er alt genug, um auch die Sowjetzeiten miterlebt zu haben, um in der Schule Russisch gerlernt zu haben. Für ihn ist es selbstverständlich, dass man diese drei Sprachen, welche komplett unterschiedliche Wurzeln haben, spricht. Würde mich interessieren, wieviele Schweizer man findet, welche drei der vier Landessprachen sprechen. Ulugbek lernt dagegen nicht nur Deutsch, sondern kann auch noch etwas Französisch, denn viele Touristen aus dem französischen Sprachraum besuchen anscheinend Zentralasien.

Strassenzug einen Häuserblock von der Altstadt

Strassenzug einen Häuserblock von der Altstadt

Nach der Runde durch die Stadt ruhte ich mich im Hotel etwas aus, bevor ich zum Abendessen noch einmal quer durch die Altstadt lief. Da keine Saison war, hatten alle bis auf ein Restaurant geschlossen, und das eine, welches offen war, hatte ich tags zuvor besucht. Neben dem Ark hatte allerdings ein nettes Restaurant offen, wo ich mir zum Leidwesen meines Magens mal wieder Schischkebab gönnte.

Das Ismail Samani Mausoleum

Das Ismail Samani Mausoleum

Am Samstag früh gab es dann wieder eine Üeberraschung: der Himmel war nur teilweise bewölkt. Dies bedeutete für mich rasch aufzustehen, zu frühstücken und den Fotoapparat zu packen und nochmals kurz durch die Altstadt zu rennen. Mir ging es dabei nur darum, diese tollen Farbkombinationen der gebrannten Lehmziegel, teilweise mit der türkisch und blauen Glasierung, mit dem blauen Himmel festzuhalten. Ich ging nur bei den Sehenswürdgikeiten vorbei, bei denen auch das Licht stimmte.

Traditionelle usbekische Kleidung

Traditionelle usbekische Kleidung

Beim Ark angekommen spazierte ich dann wieder etwas gemächlicher durch den Park zum Samani Mausoleum und zu den alten Stadtmauern Bukharas. Den Rückweg zum Stadtzentrum wählte ich dann endlich einmal ausserhalb der gepflegten Altstadt. Die Nähe zu Altstadt lässt sich am Strassenbelag ablesen, sind doch die Nebenstrassen ausserhalb der Altstadt uneben und schmutzig, während in der Altstadt alles sauber gepflegt ist. Einer Putzkolonne war ich tags zuvor in der Altstadt begegnet.

Einkaufen in Bukhara: Gewürze

Einkaufen in Bukhara: Gewürze

Nun machte ich mich auf den Weg aus der Altstadt in Richtung Osten zu einer Strassenkreuzung, wo die Marschrutkas zu den Sehenswürdigkeiten ausserhalb der Stadt fahren. Schlecht war nur, dass die Dinger alle voll waren. Also lief ich in die Richtung, wo die Minibusse herkamen, um hoffentlich dort einzusteigen. Dabei fand ich allerdings eine Ablenkung, welche mich die Sehenswürdigkeiten vergessen liess: einen Markt.

Einkaufen in Bukhara: Schaschlik

Einkaufen in Bukhara: Schaschlik

Ich hatte in der Zwischenzeit etwas Hunger und ein Markt ist immer ein guter Ort, um sich Essen zu beschaffen. So schlenderte ich unbeschwert durch den Markt, machte hie und da ein Foto von den wunderschön präsentierten Waren und kaufte mir Kleinigkeiten zum Essen, welche ich dann gleich verdrückte. Dieser Markt ist das Paradies für Fotografen, denn die Leute sind einerseits sehr entspannt und andererseits haben sie kein Problem damit, fotografiert zu werden. Wenn man dann hie und da noch etwas einkauft und mit den Leuten etwas plaudert und ihnen die Fotos zeigt, ergibt sich ein sehr angenehmer Reisetag. Dies entspricht definitiv mehr meinem Gusto, als die Art und Weise, wie die zwei Australier reisen, welche ich in Khiva getroffen hatte. Diese hatten nicht einmal fünf Minuten Zeit für ein Gespräch, da sie unbedingt die Stadt besichtigen mussten, weil sie nur einen Tag Zeit dafür hatten, um am nächsten Tag einen Tagesausflug ins 400km entfernte Moynaq zu machen…

Einkaufen in Bukhara: Obst

Einkaufen in Bukhara: Obst

Zum Abendessen musste ich mich auf die Suche nach einem erneut anderen Restaurant machen. Ich wollte am selben Ort essen, wie zwei Tage zuvor, da das Angebot dort sehr gross war. Doch am Samstagabend blieb das Restaurant dunkel, so dass ich weitersuchen musste. Ich folgte der beinahe unbeleuchteten Strasse, wo ich einige hundert Meter weiter eine kleine Kneipe fand, die mit «Nationale Küche» in Russisch beschriftet war. Ich versuchte dort mein Glück und konnte mich dann für oder wider Hähnchen-Schaschlik entscheiden. Ich entschied mich dafür, denn einerseits stimmte die Atmosphäre in der Kneipe und andererseits hatten sie einen Zapfhahn für Bier. Das Bier war nichts besonderes, aber als solches durchaus erkennbar. Ich schaffte es, die Bestellung und die Rechnung mit meinen Brocken Russisch zu bewältigen. Die grosse Üeberraschung kam dann beim Verlassen der Kneipe, als ein älterer Herr das Lokal betrat und mir die Türe mit dem Wort «Bitte» aufhielt. Ich sagte freundlich «Danke schön», worauf der wieder mit «Bitte schön» antwortete. Kleiner netter Zwischenfall.

Verkäuferinnen in traditioneller Kleidung

Verkäuferinnen in traditioneller Kleidung

Am nächsten Morgen musste ich dann früh aufstehen, um den Zug um 8:05 zu erreichen. Der Bahnhof von Bukhara liegt im Ã-rtchen Kagan, rund 12km vom Zentrum entfernt. Ich war nicht sicher, ob um 7 Uhr schon Marschrutkas fahren würden. Hätte ich dem Taxifahrer glauben geschenkt, dann hätte es aufgrund von Benzinproblemen keine gegeben. Meine Strategie ging allerdings auf und um halb acht war ich schon am Bahnhof. Diesmal war die Sicherheitskontrolle am Bahnhof weniger strikt, so dass ich wenige Minuten später bereits im Zug nach Samarkand sass.

Anzeichen von Weihnachten in Bukhara

Anzeichen von Weihnachten in Bukhara