Malatya: die andere Seite der Türkei

Die Züge von der Türkei Richtung Iran fahren 3 Mal in der Woche. Weder wollte ich zu viel Zeit in Kappadokien verbringen, noch zu schnell durch die Türkei eilen, weshalb ich mich entschied in Malatya einen Zwischenhalt zu machen.

Nach den Erkenntnissen von Karl über die türkische Art zu kommunizieren, fiel mir der Versuch am Freitag nach Malatya zu kommen viel einfacher. Ich wusste, dass ich einfach nicht aufgeben darf und hartnäckig nachfragen musste. Die erste Nagelprobe gab es gleich in Göreme zu bestehen, jedoch gleich ohne Erfolg. Die Busse nach Kayseri waren einfach voll. Den einzigen Rat, den ich erhielt, war nach Avanos zu fahren, da dieses Städtchen an der Hauptstrasse nach Kayseri liegt. Den Bus hatte ich gerade vorbeifahren sehen und der nächste fuhr erst eine Stunde später.

Busbahnhof Kayseri: Tradition trifft Moderne

Busbahnhof Kayseri: Tradition trifft Moderne

Die Gegenwart des Dolmus nach Nevsehir brachte mich dann auf die Idee, es über Nevsehir zu probieren. Der Minibus fuhr auch gleich los, so dass ich nicht mehr lange nachzudenken hatte. Dem Kondukteur war klar, dass ich zum Busbahnhof in Nevsehir musste, dieser Dolmus fuhr aber nicht dorthin. Was war zu tun? Eine abenteuerliche Umsteigeaktion in Nevsehir war die Lösung. Der Busfahrer fuhr direkt hinter einen Stadtbus und hies mich umsteigen. Ich packte meinen Rucksack aus dem Gepäckfach und lief nach vorne um Stadtbus. Dieser war gerade wieder dabei loszufahren, so dass ich auf den fahrenden Bus aufspringen musste… Erinnerungen an Kuba wurden wieder wach. Endstation des Stadtbusses war dann der Busbahnhof in Nevsehir. Die erste kurze Etappe war also geschafft.
Die zweite war dann wieder einfach, musste ich nur zum richtigen Schalter gehen und eine Fahrkarte nach Kayseri kaufen. Allerdings klappte die Verbindung erst für den überübernächsten Bus, was 2 Stunden Wartezeit bedeutete. Diese verbrachte ich mit Lesen in meinem Buch über die Seidenstrasse und dem Reiseführer. Kurz vor 12 Uhr gesellten sich dann ein Vater mit Sohn zu mir. Sie wollten sich einfach nur etwas unterhalten.
Die Busfahrt nach Kayseri war dann wieder etwas spezieller. Zum ersten Mal in einem Fernbus habe ich es erlebt, dass es Stehplätze gab und ausserdem war ich dem Regen ausgesetzt. Da es in Nevsehir geschneit hatte, lag Schnee auf dem Dach des Busses und begann zu schmelzen. Das Dach war wohl nicht ganz dicht und ich hatte den Logenplatz mit dem Regen erwischt. Die Regenjacke im Schoss löste das Problem allerdings.

Malatya: geschäftiges Treiben auf dem Markt vor dem Opferfest

Malatya: geschäftiges Treiben auf dem Markt vor dem Opferfest

In Kayseri angekommen ging dann alles wieder ganz schnell. Um 13:30 Uhr sollte ein Bus nach Malatya fahren, ich war für diesen eigentlich schon zu spät, er stand aber noch am Bussteig. Ich fragte beim Kondukteur nach, ob ich noch mitfahren konnte. Leider war der Bus schon voll. Darauf hin suchte ich mir einen Schalter mit Bussen nach Malatya und beim zweiten Mal nachfragen hatte ich auch schon Erfolg. Ein Zusatzbus würde um 14 Uhr fahren, ich solle einfach im Eingangsbereich des Busbahnhofes warten. Dadurch hatte ich kurz Zeit, auf Toilette zu gehen und eine E-Mail zu schreiben.
Kurz nach 14 Uhr wurden dann die Fahrgäste eingesammelt und wir rannten einem Kerl über den ganzen Busbahnhof hinterher, vorbei an den Bustteigen, über den Busbahnhof hinaus hinter eine Moschee, wo eine Minute später ein Dolmus angefahren kam. Der Mercedes Sprinter wurde dann mit Gepäck beladen und bis auf einen Platz waren alle Sitzplätze belegt. So machten wir uns dann auf den Weg, die über 350 Kilometer bis nach Malatya zu bewältigen.

Malatya: Süssigkeitenverkauf vor dem Opferfest

Malatya: Süssigkeitenverkauf vor dem Opferfest

Eine Beobachtung, welche ich in den unterschiedlichen Bussen machte war, dass auf Sitzen nebeneinander nie ein Mann und eine Frau sassen. Es wurde so lange Reise nach Jerusalem gespielt, bis zum Schluss Männlein und Weiblein schön getrennt sassen.
Die Fahrt nach Malatya war dann gar nicht so spektakulär, da wir mit nur einmal 15 Minuten Pause die rund fünfeinhalb Stunden unterwegs waren. Üeber zwei Pässe führte die Strasse dann durch dichtes Schneetreiben. Leider war es draussen schon dunkel, so dass ich die verschneite Landschaft nicht fotografieren konnte.
Da es bei der Ankunft in Malatya bereits stockdunkel war, nahm ich ein Taxi zu einem Hotel, dass ich mir aus dem Reiseführer gesucht hatte. Dabei erlebte ich die erste positive Üeberraschung mit einem Taxifahrer: er wollte weniger Geld haben, als das Taxometer anzeigte!

Malatya: Baklava fürs Volk

Malatya: Baklava fürs Volk

Im Hotel war dann auch noch ein Zimmer frei, so dass ich gleich aufs Zimmer gehen konnte. Vor dem Zimmer befindet sich ein kleiner Gemeinschaftsraum, in welchem ein etwas älterer Herr sass. Er fragte mich gleich, wo ich her kommen würde und ob ich deutsch sprechen würde. Atilla hat auch einige Jahre in Deutschland verbracht und ist mittlerweile nach Malatya zurückgekehrt. Er fragte mich, ob ich schon gegessen hätte, was ich verneinte, worauf er meinte, wir könnten zusammen essen gehen.

Malatya: Mehr Baklava fürs Volk

Malatya: Mehr Baklava fürs Volk

Die Einladung nahm ich dankend an, ich war ja jetzt in Malatya und nicht in Istanbul, so dass dies kein Risiko darstellte. Wir gingen zu einem Freund von Atilla, welcher ein Restaurant hat. Dort wurde ich dann erst einmal mit Essen versorgt: Salat und Brot wurden aufgetischt, gefolgt von der Spezialität des Hauses, eingekochtes Lamm mit Reis. Zum Dessert gab es dann einen Kuchen auf Eis. Ausgezeichnet habe ich an diesem Abend gegessen.
Am Samstag früh machte ich mich erst alleine auf den Weg, um etwas Geld zu organisieren und nach Busverbindungen für Sonntagnacht nach Van zu fragen. Das Geld war kein Problem, Busverbidung habe ich keine gefunden. Anschliessend traf ich Atilla, um gemeinsam frühstücken zu gehen. Er kennt sich in Malatya aus, was dazu führte, dass wir ein hervorragendes türkisches Frühstück, bestehend aus Brot, Oliven, Käse, Ei, Butter und viel Honig bestand.

Malatya: Messerschleifen fürs Opferfest

Malatya: Messerschleifen fürs Opferfest

Ich erklärte Atilla dann meine Pläne bezüglich Weiterfahrt nach Van, woraufhin wir uns zu zweit auf die Jagd nach Bussen und Zügen machten. Seine Hilfe war ausserordentlich, nur leider nicht vom Erfolg gekrönt. Wir starteten die Informationsbeschaffung bei seinen Kumpels im Teehaus, wo ich Atilla und einem Bekannten bei einer Partie Backgammon zuschauen konnte. Für die Männer im Teehaus eine Üeberraschung einen Ausländer dazuhaben. Hie und da einen Telefonanruf und viel Diskussion halfen allerdings auch nicht, sondern wir mussten uns noch auf den Weg zum Bahnhof machen. Die wichtige Information, welche ich habe ist, dass es spätestens am Montagabend um 20:30 einen Bus nach Van gibt und ich in Malatya am Bahnhof keine Fahrkarte für den Zug von Van nach Teheran kaufen kann. Letzteres muss ich in Van erledigen.
Den Nachmittag verbrachte ich dann wieder alleine damit, den Blog zu aktualisieren und durch die Innenstadt Malatya’s zu streifen. Bei dieser Aktion wurde ich dreimal zu Tee eingeladen, durfte zweimal Baklava probieren und sass wieder einmal im Teehaus, um den Herren diesmal beim Kartenspielen zuzuschauen. Die Partie war diesmal Onkel gegen Neffe, der Einsatz jeweils 20 TL.

Malatya: Der Tag nach dem Markt am Opferfest

Malatya: Der Tag nach dem Markt am Opferfest

Vor dem Opferfest Bajram, welches am Sonntag begangen wurde, waren die ganzen Einwohner von Malatya auf Einkaufstour. Insbesondere Süssigkeiten zum Dessert wurden eingekauft. In allen Konditoreien wurde die Baklava fast bis unters Dach gestapelt. Dies kombiniert mit dem normalen Samstagsmarkt machten aus dem Basar einen waren Ameisenhaufen, in welchem man sich so richtig schön verlieren konnte.
Der Inhaber des Internet Café, in welchem ich am Samstag war, hatte mir noch einen Mann vermittelt, welcher meinte, er können mir helfen eine Fahrkarte nach Van für Sonntag zu organisieren. Ich müsse einfach am Sonntag früh zwischen 7:30 und 10:00 am Busbahnhof auftauchen und ihn suchen. Da dies mein einziger Strohhalm für eine Fahrt am Sonntag nach Van war, machte ich mich gegen 7 Uhr auf den Weg zum Busbahnhof. Ich war etwas zu früh dort, so dass ich auf eigene Faust anfing, die Fahrkartenschalter abzugrasen. Alle hatten Fahrkarten für Sonntag früh zwischen 7:30 und 8:00 im Angebot, was mich ziemlich verwunderte. Aber naja, ich hatte nach einem Nachtbus gefragt, da kommt keiner auf die Idee, dass ein Bus tagsüber eventuell auch eine Möglichkeit wäre.
Der Junge von Metro Turizm meinte, dass der Bus seiner Gesellschaft erst in einer Stunde fahren würde. So machte ich mich gleich auf den Weg zurück ins Stadtzentrum um meine sieben Sachen zu packen und zum Busbahnhof zurückzueilen. Nach 50 Minuten war ich wieder am Busbahnhof, worauf der Junge meinte, der Bus sei schon losgefahren. Hektisch griff er zum Telefon und rief im Bus an. Neben mir stand zufällig wieder ein Türke, der länger in Deutschland gelebt hat und dessen Nichte aus Dortmund gerade angekommen war und mir helfen konnte. Ich wurde samt Rucksack in sein Auto verfrachtet und nach einigen Minuten sahen wir den Bus am Strassenrand stehen und auf uns warten. Ich packte den Rucksack ins Gepäckfach und stieg ein.

Schnee in der Osttürkei

Schnee in der Osttürkei

Der Vorteil an der Verbindung tagsüber ist definitiv, dass man die Landschaft durch welche man fährt, auch sehen kann. So kamen wir über verschiedene Pässen an einigen Stauseen vorbei und sogar ein Skigebiet war im Programm. Der dunkle Boden, der weisse Schnee und der blaue Himmel boten ein wunderbares Schauspiel.
Bei Dunkelheit erreichte ich dann Van. Dort stieg ich in einen Minibus (servis), welcher mich ins Stadtzentrum von Van brachte. Sogar bei Dunkelheit sah ich erste Spuren des Erdbebens, nämlich die Zelte, welche in den Gärten einiger Häuser standen.

Türkisches Skigebiet

Türkisches Skigebiet

Beim Abendessen stiess ich dann auf eine amerikanische Gruppe, welche für ein paar Tage in Van ist, um den aktuellen Stand der Aufräum- und Hilfsmassnahmen aufzunehmen. Von dem was ich höre sind die Leute sehr kreativ. So hat zum Beispiel eine Dame als Heizung einen Heizdraht aus einer Keramikherdplatte auf einen Ziegelstein gelegt. Als Stromversorgung dienen zwei Drähte, welche direkt in die Steckdose gesteckt werden. Auf der anderen Seite leiden wohl einige Menschen an einer Bronchitis, verursacht durch den Rauch von den Feuern, welche die Leute in den Zelten machen. Die Bestandesaufnahme und insbesondere der Statiker, welcher den Leuten das grüne Licht gibt, dass sie wieder dauerhaft in ihre Häuser ziehen können, geht wohl nur sehr träge voran.
Meine nächste Aufgabe am Montag ist es die Fahrkarte nach Teheran zu organisieren und die Stadt etwas zu erkunden. Ich hoffe es wird dann etwas mehr leben geben, als an Bajram, wenn die Strassen beinahe leergefegt sind…