Nach 3 Tagen Wandern stand unsere erste lange Busfahrt in Myanmar auf dem Programm. Frei nach James Bond: geschüttelt und nicht gerührt! Das Ziel der zunächst sehr holprigen Busfahrt war einer der zentralen Attraktionen in Myanmar: Bagan, die Stadt der Pagoden. Wir konnten die Ankunft kaum erwarten und hielten Ausschau nach den altertümlichen Bauwerken, sahen allerdings keine, bis wir die 15 Dollar Eintritt in das archäologische Zentrum bezahlt hatten. Nach einer länglichen Suche nach einer Unterkunft, genossen wir am nächsten Tag die vielen Pagoden aus nächster Nähe. Es war einmal mehr interessant zu beobachten, wie unterschiedlich die Besucher unterwegs waren: Während wir uns mit dem Fahrrad über sandigen Strassen und Wege mühten, liessen sich andere in klimatisierten Bussen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten fahren.
Da der Bus in Kalaw erst um 9 Uhr losfahren sollte, beschlossen Lenka und ich, dass wir vorher noch einmal einen Gang über den Markt machen würden und die nötigste Verpflegung für den Tag einkaufen würden. Um Viertel vor neun sassen wir dann an der verabredeten Stelle und warteten über eine Stunde auf den Bus. Erleichtert nahmen wir ganz hinten im Bus Platz und waren gespannt, wie unsere erste lange Busfahrt den verlaufen würde. Zunächst dachten wir uns, dass alles gar nicht so schlimm ist und fragten uns, woher alle die Berichte stamen würden, dass die Fahrt von Kalaw ins zentrale Tiefland Myanmars so holprig sein würde. Schon nach kurzer Zeit wurden wir allerdings eines Besseren belehrt… die Strasse begann die steile Talseite herabzusteigen. Dies tat sie in vielen engen Kurven und nicht gerade ebenem Asphalt. Uns wurde schnell klar, warum an jedem Sitz eine kleine Plastiktüte befestigt war. Es dauerte auch nicht lange, bis die ersten unserer Mitfahrgäste von der Tüte Gebrauch machten. Vielen reisten wohl nicht häufig in Bussen, da die Fahrtkarte für Einheimische doch recht teuer war.
Nach einem längeren Mittagshalt irgendwo in der Steppe und einem kurzen zweiten Halt trafen wir dann tatsächlich am späten Nachmittag in Bagan ein. Sibylle und Klemens hatten ihr Hotel schon vorgebucht und da die Lage sehr praktisch war, beschlossen wir uns unser Glück auch dort zu versuchen. Allerdings vergebens: das Hotel war voll ausgebucht. Wie wir in den folgenden zwei Stunden feststellen mussten, war es nicht das einzige Hotel, welches ausgebucht war, sondern beinahe jedes Hotel oder Guesthaus hatte keine Platz mehr anzubieten. Anscheinend erreichen die meisten Individualreisenden Bagan am Morgen, da sie mit dem Nachtbus kommen, so dass am Nachmittag oder Abend keine Plätze mehr zur Verfügung standen. Lenka hatte die ausgezeichnete Idee, erst einmal nach einem Zimmer für die folgenden zwei Nächte zu fragen, was überhaupt kein Problem war. Der Kreis schloss sich, als wir wieder beim Aung Mingalar Hotel angekommen waren. Da es mittlerweile schon nach 19 Uhr war, erbarmte sich der anwesende Manager und gab uns ein Zimmer einer Reisegruppe, welche 3 Zimmer gebucht hatte und von welcher er noch nichts gehört hatte… In den kommenden Tagen sahen und hörten wir, was andere in unserer Situation in Bagan machten: sie schliefen in der Lobby eines Guesthauses, bis am nächsten Tag etwas verfügbar war. Es war doch Hochsaison!
Am nächsten Morgen um 7 Uhr ging es bereits mit dem Fahrrad los. Wir wollten die Pagoden von Bagan im Morgennebel erleben. Mit den wackeligen und viel zu kleinen Fahrrädern war es ein Abenteuer über die sandigen Wege zu fahren. Ã-fters mussten wir absteigen und schieben. Allerdings verbesserten sich die Wege und über den ganzen Tag gesehen, hielten sich die Schiebestrecken in Grenzen. Wir orientierten uns grob an den grösseren Pagoden welche als sehenswert galten und machten dazwischen immer wieder Abstecher zu weniger besuchten Pagoden. Noch in der Morgensonne fanden wir zwei mittelgrosse Pagoden, auf welchen Leute den Sonnenaufgang genossen. Wir kletterten zu ihnen hoch und begutachteten die Gegend das erste Mal von oben.
Wie wir uns das vorgestellt hatten war eine Riesenfläche mit Pagoden übersäht. Dazwischen gab es Felder, welche von den Bauern der Region bewirtschaftet werden und immer wieder Palmen. Wir erkannten auch sofort, warum die beeindruckende Anlage nicht ins UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurde: Anders als erwartet, gibt es in Bagan keine überwucherten oder zerfallenden Pagoden zu finden. Jede einzelne Pagode wurde durch und durch renoviert, mit roten Ziegelsteinen wieder komplettiert. Erinnert die äussere Struktur noch vage an das was mal war, sehen die Details doch sehr unterschiedlich aus. Nichtsdestotrotz waren wir von der überwältigenden Anzahl von Pagoden in allen Grössen beeindruckt.
Den Wendepunkt unserer Fahrradtour von Nyaung U erreichten wir mit der Manuha Pagode. Nachdem wir schon viele Verkäufer von Bildern gesehen hatten und auch schon viele Bilder, welche immer wieder die selben Motive zeigten, begutachtet hatten, bot uns ein Maler in einer etwas versteckteren Ecke der Pagode ein goldenes Bild an. Da es sich doch sehr von den allen anderen Bildern unterschied, liess ich mich auf eine Preisverhandlung ein. Schlussendlich hatten wir einen Preis erreicht, der für mich in Ordnung war und so erstanden wir unser zweites Souvenir in Myanmar, nach einer kleinen goldenen Pagode, welche wir in Yangon gekauft hatten.
Die Sonne brannte mittlerweile unerbärmlich vom Himmel, so dass wir das nächst beste Restaurant aufsuchten um dort eine ausgiebige Mittagspause einzulegen. Am Nachmittag standen noch alle die grossen Pagoden von Old Bagan auf dem Programm. Nach einem Vormittag weitgehends weg von den Touristenströmen und damit auch vielen Händlern, fanden wir uns plötzlich in Mitten von Menschenmassen wieder. Die Händler waren dann auch um einiges hartnäckiger, wie zum Beispiel die eine Familie, welche uns zunächst durch den Vater, dann die Mutter und zuletzt noch den Sohn beackerten. Clever waren sie jedoch, denn der Kleine erkannte, dass wir Deutsch sprechen und konnte uns dann in Deutsch darauf hinweisen, dass wir auf unsere Köpfe aufpassen sollten.
Wir beschlossen den Sonnenuntergang auf der selben Pagode zu beobachten, auf welcher wir schon am Morgen gesessen hatten. Durch brennende Plastikhäufen, weg von den Touristenströmen fanden wir die Pagode wieder, mussten jedoch feststellen, dass die Nachbarpagode dem Sonnenuntergang im Weg stehen würde, so dass wir noch einen Pagodenwechsel vornahmen. Das Einzige, was uns beinahe davon abgehalten hätte, war die Tatsache, dass wir noch einmal unsere Schuhe würden anziehen und ausziehen müssen… Jedoch war es dann spannend die Gesellschaft auf der Pagode etwas zu beobachten, die aus der ganzen Welt stammte… Schlussendlich waren alle Blicke Richtung Westen gerichtet, wo sich die Sonne hinter den berühmten Pagoden von Bagan senkte und den Himmel rot erstrahlen liess.
Da wir für den Moment genügend Pagoden gesehen hatten, entschieden wir uns am folgenden Tag zum Mount Popa zu fahren. Auf einem Seitenkegel des Vulkans steht das berühmte Kloster. Die ohnehin schon lange Fahrt wurde dadurch noch verlängert, dass wir mit unserem Sammeltaxi weitere Touristen in Nyuang U und New Bagan einsammelten, bevor wir uns auf die Strecke machten. Unterwegs gab’s natürlich noch einen Halt an einem kleinen Shop, welche verschiedene Erzeugnisse aus Kokos- und Erdnüssen verkaufte. Zum Glück waren die Affen auf dem Mt. Popa nicht ganz so aggressiv wie überall beschrieben, so dass wir gemütlich die Treppe zum Kloster hochsteigen konnten. Eine interessante «Attraktion» waren alle die netten Herren, welche um eine kleine Spende für das Putzen der Treppe baten. Interessant war es deshalb, weil sie gerade dann mit dem Putzen begannen, wenn man sich ihnen nähtete. Auch waren die 2 Quadratmeter um die Leute herum sehr sauber, während der Rest etwas weniger sauber war (allerdings doch ordentlich). Als nicht ganz gewöhnliche Touristen verirrten wir uns noch in eine kleinere Tempelanlage am Fusse des Klosterberges, wo uns ein Mönch zu einer weiteren Donation motivieren wollte. Wir versuchten im klarzumachen, dass wir zurück zu unserem Sammeltaxi gehen müssten…
Zurück in Nyaung U, organisierten wir Fahrkarten nach Monywa, einem Städtchen rund 4 Busstunden nördliche von Bagan am Fluss Chindwin gelegen. Wir erstanden zwei Fahrkarten für den Bus um halb Neun und begaben uns auf den Weg zur Shwezigon Pagode. Die Idee war, die Pagode während der blauen Stunde kurz nach dem Sonnenuntergang zu erleben. Da alles Touristen irgendwo auf den Pagoden sassen, hatten wir Shwezigon fast für uns alleine, nur einige wenige Einheimische tummelten sich noch in der Tempelanlage.
Eine schöne Üeberraschung war dann wiederum unser Abendessen. Wir suchten uns ein Lokal, welches den örtlichen Gegebenheiten entsprach und nicht nur für Touristen gepflegt wurde. Wir bestellten ein Fisch- und ein Hähnchencurry und staunten nicht schlecht, als wir noch rund 10 Schälchen mit Gemüse dazu erhielten. Das ausgiebige Essen kostete dann auch stolze 4 US Dollar!
Zurück im Guesthaus packten wir unsere sieben Sachen, so dass wir am Morgen keinen Stress haben würden, wenn wir uns auf den Weg zum Busbahnhof machen würden…