Inle See: Echt falsche Fischer

Um von Yangon wegzukommen, haben wir ein kleines Abenteur gewagt: ein Flug mit der KBZ Air, einer einheimischen Fluggesellschaft, die damit wirbt, über den Erwartungen zu fliegen (Flying beyong Expectations!). Liest man deren Slogan auf einem Spuckbeutel (musste diese schöne Wort doch tatsächlich nachschlagen…), schwant einem Schlimmes… Allerdings gab es keinen Grund zur Beunruhigung, denn der Flug ging reibungslos über die Bühne. Der Inle See und seine Umgebung allerdings verschlugen uns beinahe den Atem. Obwohl die Region touristisch bereits sehr gut erschlossen ist, bietet sie doch noch ein sehr ursprüngliches Flair und unser Dreitages-Trek bot einige unerwartete Einblicke in das Landleben Myanmars.

Der Flughafen in der Nähe des Inle Sees liegt in Heho, einem kleinen Städtchen rund eine Autostunde vom eigentlichen See entfernt. Das einzige parktikable Verkehrsmittel, um nach Nyaungshwe, dem Stützpunkt am See, zu gelangen, ist per Taxi. Da wir dies im Vorfeld wussten, sahen wir uns nach geeigneten Mitfahrern um, um die Transportkosten teilen zu können. Wir fanden mit Sibylle und Klemens, die direkt hinter uns im Flugzeug sassen, ein Pärchen aus der Schweiz, die sich etwas zu spät um ihren Abholdienst vom Hotel gekümmert hatten, so dass sie ebenfalls ein Fahrtgelegenheit brauchten.
Da der Wettbewerb unter den Bootsfahrern in Nyaungshwe wohl ungekannt hart geworden ist, wird man mit dem Taxi nicht irgendwo abgeladen, sondern direkt vor einem Anbieter von Bootsfahrten. Da eine eintägige Bootsfahrt bei uns allen auf dem Programm stand, liessen wir uns gleich beraten und bekamen auch ein faires Angebot (nach kurzem Verhandeln), so dass wir gleich für den nächsten Morgen um 7 Uhr zusagen konnten. Der Zufall wollte es, dass wir nicht einen der grossen Bootsvermieter, sondern mit 2 Booten ein kleines Unternehmen unterstützten.

Typische ländliche Häuser in Myanmar

Typische ländliche Häuser in Myanmar

Während Sybill und Klemens sich per Boot zu ihrer Unterkunft auf dem See machten, suchten Lenka und ich in Nyaungshwe eine Bleibe für die folgenden zwei Nächte. Beim Abklappern der Strassen stiessen wir auf einen jungen Herrn mit Motorrad, welcher uns ebenfalls eine Bootsfahrt, allerdings für den halben Preis anbieten wollte. Vermutlich hätten wir dafür allerdings nicht die lange Variante, welche wir soeben gebucht hatten, erhalten. Schliesslich stiessen wir auf die Hotelstrasse von Nyaungshwe und fanden nach kurzem Verhandeln ein schönes Zimmer für einen vertretbaren Preis. Was wir dabei lernten war, dass in Myanmar am liebsten bereits gereinigte Zimmer vermietet werden, damit die Gäste sofort einziehen können. Frägt man ein bisschen herum, erhält man je nach dem ein günstigeres Zimmer, welches aber erst noch gereinigt werden muss. In diesem Fall war das so, was uns jedoch nicht weiter störte, da wir ein Städtchen zu erkunden hatten.
Nyaungshwe ist eine gute ausgestattete Basis für Touristen geworden. An einer Strasse, welche vom Markt zum kleinen Hafen führt, gibt es alles was des Touristen Herz begehrt, von Souvenirshops über Cafés bis zu den Reiseagenturen, welche Bootsfahrten vermitteln und Fahrräder vermieten. Entfernt man sich einige Schritte von dieser Strasse wird das Städtchen plötzlich einiges urtümlicher. Weg vom Touristenrummel fanden wir ein Restaurant, in welchem wir uns auf dem Balkon im Schatten mit Sicht auf einen kleinen Umschlagplatz gemütlich niederliessen. Während wir Fisch süss-sauer und Hähnchen mit Knoblauch verspeisten, beobachteten wir wie unter uns LKWs ab- und Boote beladen wurden. So schön war Arbeit noch selten (zu zu sehen).
Spazierend verbrachten wir den Nachmittag in einige kleinen Dörfchen rund um Nyaungshwe. Dort machten wir erste Beobachtungen, was zum typischen Landleben in Myanmar gehört: Häuser auf stelzen mit Wänden aus geflochtenem Bambus, der Familienochse (das Tier!) für den Dünger und massenweise Motorräder. Anscheinend sind seitdem Myanmar den Handel mit China pflegt, Motorräder erschwinglich geworden… Ebenfalls lernten wir wie die Schuluniformen in Myanmar aussehen: neben einem weissen Top (entweder Pullover oder Hemd) tragen die Schülerinnen und Schüler einen grünen Longyi (Longdschi ausgesprochen). Dieser Rock besteht aus einem zur Röhre genähtem, weiten Tuch welches um die Hüfte einfach zugeknöpft wird.

Echt falscher Fischer

Echt falscher Fischer

Am nächsten Morgen mussten wir dann früh aufstehen, denn schon um 7 Uhr sollte unser Bootsführer uns erwarten. Da die Tage in Myanmar beinahe von 6 Uhr bis 18 Uhr stattfinden, gab uns dies die Gelegenheit, den Nebel über dem See, sowie die Morgensonne zu geniessen. Unser erste Stopp war das Inle Paradise Resort, wo wie unsere Mittouristen einsammelten.

Die Döfer rund um den Inle See sind auf Stelzen gebaut, die Kindern lernen paddeln, bevor sie gehen können

Die Döfer rund um den Inle See sind auf Stelzen gebaut, die Kindern lernen paddeln, bevor sie gehen können

Wir nahmen die lange Route zum entfernten Südende des Sees, jenseits der Hauptroute der meisten Touristen, und begaben uns auf den Markt in Kyauk Daing. Wir waren sprachlos über die echten und falschen Fischer, die Atmosphäre in den Stelzendörfern mit den spiegelglatten Wasser und der Sonne, welche weiter und weiter im Osten in den Himmel kletterte. Das wohl amüsanteste Spektal waren die Fischersleute ganz im Norden auf dem See, direkt da wo der Kanal von Nyaungshwe in den See mündet. Just als wieder ein Bötchen mit Touristen sich näherte sprangen sie alle auf, stellten sich mit einem Bein auf ihr Boot und schwangen mit dem anderen geschickt ihre Fischereiutensilien durch die Luft. Sowohl am Morgen, wie auch am Nachmittag als wir vorbeifuhren boten die Kollegen uns die Unterhaltung an. Obwohl es wohl eine traditionelle Art des Fischens darstellt, so scheinen doch die seriösen Fischer weiter südlich mit der Angelschnur ganz andere Methoden anzuwenden. Auch lassen sich jene von den Touristen nicht beeindrucken, sondern kümmern sich darum, dass es am Abend etwas auf den Teller oder am nächsten Tag auf dem Markt zu verkaufen gibt.

Alle Dörfer im Seebecken sind über Kanäle verbunden

Alle Dörfer im Seebecken sind über Kanäle verbunden

Der Markt in Kyauk Daing war schon am Abklingen als wir eintrafen. Das jedoch gab uns spannende Einblicke wie Waren aus Ochsenkarren ind die schlanken Boote geladen werden. Viel pragmatischer als Ochs samt Karren in das hüfthohe Wasser zu fahren geht es wohl nicht. Ein interessanter Unterschied zwischen der Forbewegung auf dem Wasser und auf dem Land gibt es jedoch: während auf dem Wasser die Benzinmotoren den Antrieb übernommen haben, herrscht auf dem Land die tierische Muskelkraft vor.
Der Markt bot den üblichen Rundumschlag an Produkten: von Medikamenten und Drogerieartikeln über Kleider bis hin zu rohem und gekochtem Essen gab es einmal mehr als zu kaufen. Wir beobachteten wir eine Dame eine Tüte Tofusalat kaufte und da dieser so lecker aussah, schlossen wir uns ihr an. Die Herausforderung jedoch blieb, ohne Werkzeug fein geschnittenen, frittierten Tofu mit Frühlingszwiebel und Sauce zu essen.

Warenumschlag von Boot auf Ochsenkarren und umgekehrt

Warenumschlag von Boot auf Ochsenkarren und umgekehrt

Den Rest des Tages verbrachten wir damit, wieder nach Norden zu kommen. Wir machten einige Stops bei Pagoden und Fabriken. Als wir die Bootsfahrt buchten, versuchte ich dem Herrn zu erklären, dass wir keine Geschäfte anschauen wollte. Geduldig erklärte er mir, dass man sich einige Fabriken anschauen würde. Keine dieser Fabriken machte den Eindruck wirklich produktiv zu arbeiten und die Artikel, welche in den angegliederten Shops zum Verkauf angeboten wurden, wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit anderswo hergestellt.

Transportmittel der Wahl rund um den Inle See

Transportmittel der Wahl rund um den Inle See

Zu unserer Üeberraschung lernten wir dann doch noch einige erfrischende neuen Dinge: zum Beispiel wussten wir nicht, dass aus den Stielen der Lotusblume Fasern gewonnen werden können, welche dann gesponnen einen robusten Faden ergeben, welcher wie Seide in jenen Fabriken zu diversen Kleidungsstücken verarbeitet wird. Die nette Dame, welche uns die Produktion erklärte wiederholte zig Mal, dass die Lotusprodukte sieben Mal teurer seien als Seide. Das Verhältnis wurde im Shop auch genauestens eingehalten. Bei der Bootsmanufaktur lernten wir dann dass die Herstellung der typischen Boote zwischen 8 Manntagen für ein ganz kleines Paddelboot, bis zu 40 Manntagen für einese der grossen Boote mit Aussenbordmotor dauert.

Dünne Fasern welche durch brechen uns auseinanderziehen von Lotusstielen gewonnen werden

Dünne Fasern welche durch brechen uns auseinanderziehen von Lotusstielen gewonnen werden

Webberei, wo Seide- und Lotusprodukte "hergestellt" werden

Webberei, wo Seide- und Lotusprodukte «hergestellt» werden

Einen Tempel, welchen wir während unseres Besuchs überhaupt nicht verstanden hatten, war die Phaung Daw U Pagode. Wir waren nicht gerade überwälltigt von dem wohl grossräumigen, aber nicht besonders verzierten Tempel und der Pilz in der Mitte haute uns auch nicht gerade vom Sockel. Die Bilder mit den Vertretern der Militärregierung hätten uns allerdings darauf hinweisen sollen, dass dies nicht irgendein Ort ist. Die Phaung Daw U Pagode ist eine der fünf heiligsten Stätten der Buddhisten in Myanmar. Die «Pilze», welche wir im Zentrum des Bauwerkes gesehen hatten, waren Ansammlung von aufgeklebtem Blattgold, welches überall in Myanmar für die Dekoration von Heiligtümmern gespendet wird. Diese Erkenntnis hat uns einmal mehr vor Augen geführt, dass es sich lohnt, sich mit dem Gastland vor dem Besuch etwas auseinanderzusetzen.

Der goldene "Pilz" von Phaung Daw U

Der goldene «Pilz» von Phaung Daw U

Schwimmende Gärten auf dem Inle See

Schwimmende Gärten auf dem Inle See

Am späteren Nachmittag nahmen wir weiter Kurs Richtung Norden und trafen schlussendlich wieder in Nyaungshwe ein. Lenka und ich sprangen auf den Trek auf, welchen Sibylle und Klemens bereits organisiert hatten. Wir würden dann sehen wie authentisch die einheimschen Bauernfamilien sein würden…