China: Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Alles ist möglich in China. Und zwar schnell, wenn es sein muss. Schon während meiner Reise hatte ich die Erfahrung gemacht, dass in China mehr möglich ist, als man denkt. Mittlerweile frage ich mich, ob hier wirklich alles möglich ist. Innerhalb von kürzester Zeit werden Fachkräfte organisiert, Produkte herbeigeschafft und Üebersetzer gefunden. Die Ressourcen sind da, man braucht sie nur zu mobilisieren. Und wie geht das? Ganz einfach: mit den Leuten reden.

Es war mal wieder einer dieser Tage. Ratlos sassen wir da. Wir hatten es gerade geschafft, den Wasserlieferdienst mit Hilfe von Lenka’s Werkstudentin zu organisieren und das erste 20 Liter Fass Wasser wurde prompt geliefert. Die Frage war nur, wie wir das Wasser auf geschickte Art und Weise aus dem Fass schaffen konnten, ohne dabei die Küche und den Rest der Wohnung zu fluten. Die Idee mit dem Wasserspender, auf welchen man das Fass kopfüber setzen konnte war nicht neu, nur wo würde man einen passenden finden können? Eine Suche im Internet machte uns auch nicht wirklich schlauer. Die Lösung kam kurz darauf, als wir aus ganz anderem Grund im Management Büro unseres Compounds standen. Dort stand in der Ecke ein Wasserspender, wie wir ihn uns vorstellten. Also versuchten wir der Dame im Büro unser Anliegen zu vermitteln, dass wir einen solchen Wasserspender kaufen wollten. Auch mit der Hilfe am Telefon klappte das nicht, aber die englischsprachige Dame war zu diesem Zeitpunkt in unserem Gebäude. Wir kehrten die paar Meter dorthin zurück und nach einer kurzen Diskussion und einem Telefonat war ausgemacht, dass genau ein solcher Wasserspender am selben Abend um 19:30 geliefert würde. Einige wenige Minuten zu spät traf der Lieferservice dann ein und brachte sogar noch ein zweites Fass Wasser mit, welches wir sogleich installierten.
Dass die Chinesen ein sehr pragmatisches Volk sind, konnten wir auch zu diversen anderen Gelegenheiten feststellen. Häufig ist es so, dass man nicht sofort eine Antwort erhält, ob etwas funktionieren wird oder nicht. Ist die Aufgabe oder Anfrage jedoch einmal übermittelt und verstanden, wird sie auch erledigt werden. Hie und da braucht es etwas länger, aber man kann sich darauf verlassen, dass die Aufgabe erledigt wird. Eine Lösung wird auch für jedes nur erdenkliche Problem gefunden. Zugegeben, die Lösungen sind teilweise sehr kreativ und entsprechen nicht immer dem, was wir erwartet hätten. Wir vermuten, dass dahinter die Befürchtung steckt, das Gesicht zu verlieren. Die Aufgabe wird wie verstanden durchgeführt. Das führt hie und da auch zu ziemlichen Bastellösungen die auf keinen Fall zufriedenstellend sind. Mein Verdacht ist, dass es die Chinesen sehr stark bemüht sind, die von ihnen geforderte Arbeit zu erledigen. Die Standards, zu welchen sie erzogen wurden sind aber einfach nicht so vorhanden, wie ich das sonst kenne. Wichtig ist dabei, die Aufgabe möglichst genau zu formulieren, damit auch keine Freiheiten zu Ungunsten ausgenutzt werden.
Der Pragmatismus kann einem auch zugute kommen, wie ich dies anhand meiner Visumsverlängerung erfahren durfte. Bevor ich mich auf den Weg zum Public Security Bureau machte, informierte ich mich im Internet, über mögliche Visa. Zunächst ging ich davon aus, dass ich einfach mein Touristenvisum um einen Monat verlängern würde und dann einmal aus- und wieder einreisen für weitere drei Monate. Auf der Webseite des PSB fand ich allerdings heraus, dass es möglich war, ein Touristenvisum (L-Visa) für sechs Monate zu erhalten, wenn man Familienangehörige besucht. Im Januar hatte ich mir ein Schreiben von der Schweizer Botschaft aufsetzen lassen, welches bestätigt, dass Lenka und ich schon einige Jahre in Deutschland zusammengelebt haben und somit in einem eheähnlichen Zustand leben würden. Wie auf der entsprechenden Webseite beschrieben, brachte ich alle notwendigen Dokumente zum PSB, nur um dann abgewiesen zu werden, weil die Bestimmungen geändert hatten. Mittlerweile wollte das PSB auch die Arbeitsgenehmigung von Lenka und einen von ihrem Arbeitgeber abgestempelten Visumsantrag. Ersteres stellte kein weiteres Problem dar, letzteres aber in der kurzen Zeit, die mir noch blieb, nicht denkbar, denn Stempel haben anscheinend in China einen sehr hohen Stellenwert und bringen eine gewisse Verantwortlichkeit mit. So machte ich mich am folgenden Tag mit den beinahe korrekten Unterlagen auf den Weg zum PSB. Nach einer kurzen Erklärung zum Thema Familienverhältnisse wurde mein Antrag dann schliesslich akzeptiert. Eine Woche später solle ich wiederkommen und mein Visum, sofern es keine weiteren Probleme geben würde, wieder abholen.
Die eine Woche war am 15. Februar dann um und ich konnte ohne Probleme mein Visum für die kommenden 6 Monate abholen. Dies erspart mir nun einige Aufwände und ich kann mich voll auf die Jobsuche und das Mandarinlernen konzentrieren.