Die letzte Etappe von Xian nach Beijing bewältigte ich im Luxusabteil des Nachtzuges. Der grosse Unterschied zwischen dem Hardsleeper und dem Softsleeper-Abteil war der, dass es im Softsleeper nur 4 statt 6 Betten gab und das Abteil auch eine abschliessbare Türe besass. Das Bett war jedoch genau so hart. In Beijing machte ich mich dann sprichwörtlich auf die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Wie immer in China fuhr auch der Nachtzug von Xian pünktlich um 20:05, wie auf der Fahrkarte angegeben, los. Da der Zug nach Fahrplan um 19:30 hätte fahren und um 8:18 in Beijing West ankommen sollen, ging ich davon aus, dass ich gegen 8:53 in Beijing West ankommen würde. So machte ich mit Lenka aus, dass wir uns gegen 9 Uhr am Ausgang des Bahnhofs treffen würden. Der Plan klingt für mich auch heute noch vernünftig, nur die Chinesen hatten da andere Pläne…
Die erste Üeberraschung, welche die Chinesen für mich geplant hatten, war die Ankunftszeit. Ich war überrascht, als bereits vor 7 Uhr das Licht anging und die Leute ihre Sachen zu packen anfingen. Ich blieb ganz ruhig und ging davon aus, dass die Leute in meinem Abteil eine Haltestelle vor mir aussteigen würden. Meine Nachfrage brachte allerdings an den Tag, dass wir tatsächlich bereits in Beijing eintreffen würden. Um 7:15 war es dann auch soweit, der Zug fuhr in den riesigen Bahnhof Beijing Xi (Beijing West) ein. Mir blieb gerade genug Zeit, meine sieben Sachen zu packen und mich auf den Weg aus dem Zug zu machen. Dies bedeutete für mich aber auch, dass ich knapp 2 Stunden totzuschlagen hatte, bevor ich Lenka treffen würde.
Meine erste Mission war es daher, eine Gepäckaufbewahrung zu finden, wo ich meinen grossen Rucksack deponieren konnte, während ich die Zeit tot schlug. Dabei kamen mir meine bisherigen Erfahrung in China zugute. Die erste Gepäckaufbewahrungsstelle, welche ich fand, wurde von drei Damen bedient, welche besonders eifrig darin waren, mich zu ihrem Geschäft zu bringen. Es war sehr geschickt, nach dem Preis zu fragen, bevor ich meinen Rucksack auf die Durchreiche gelegt hatte, denn die Damen wollten 30RMB haben. Ich war bereit maximal 10RMB für meinen Rucksack zu bezahlen und drehte gleich wieder um. Die Damen boten mir den Service für 20RMB an, worauf ich den Kopf schüttelte und ihnen auf Anfrage mitteilte, dass ich maximal 5RMB bezahlen würde. Darauf hatten sie keine Lust und ich fand um die Ecke einen Gepäckaufbewahrungsservice, wo ich ohne verhandeln gleich ein Angebot für 10RMB erhielt. Den Preis hatte ich in Lanzhou schon bezahlt und schien mir in Ordnung zu sein.
Da ich nicht wirklich hungrig war, hatte ich nicht einmal Lust auf ein Frühstück. Ich fand aber trotzdem ein kleines Fast Food Restaurant gegenüber des Bahnhofes, wo ich mich einfach bis 8:30 hinsetzte. Von dort hatte ich einen schönen Ausblick auf das Bahnhofsgebäude, welches sich riesig vor mir auftürmte. Danach begann die berüchtigte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Da es bereits Reisesaison für das chinesische Neujahr war, war ich nicht der einzige Neuankömmling auf dem Bahnhof. Bei Ankunft jedes einzelnen Zuges wurden die Ausgänge des Bahnhofes überflutet. Genau: die Ausgänge! Entgegen meiner Vermutung, dass es nur einen Ausgang geben würde, gab es in Beijing West deren 2. Mindestens was die Ausgänge von den Gleisen betrifft. Ich entschied mich, am North Exit 1 auf Lenka zu warten und ging davon aus, dass wenn sie mich am einen Ausgang nicht finden würde, dass sie zum anderen gehen würde.
Am North Exit 1 wartete ich dann und wartete und wartete. Um 9:45 bekam ich das Gefühl, dass Lenka wohl die selbe Strategie anwenden würde, wie ich, weshalb ich mich entschied, den anderen Ausgang zu prüfen. Aber auch dort war keine Lenka zu finden. Schlussendlich sagte ich mir, dass sie keine Möglichkeit hatte mich zu kontaktieren, ich ihr aber eine E-Mail aufs Handy schicken konnte. Also machte ich mich auf die Suche nach einem Internet Café, welches ich auch nach zweimaligem Nachfragen fand. Die E-Mail war schnell verschickt und ich machte mich gleich auf den Weg zurück zum Ausgang. Und siehe da! 5 Minuten später traf auch Lenka dort ein. Sie erzählte mir dann von ihren Versuchen mich mit Hilfe der Polizei zu finden etc. Leider scheint die Polizei in China nicht wirklich effizient und aufmerksam zu sein, denn ich hatte die längste Zeit in Sichtweite ihres Büros gestanden.
Per Taxi machten wir uns dann auf den Weg zu unserer neuen Wohnung in der Phoenix Town. Dies bedeutete einmal quer durch die Stadt bis zur 3. Ringstrasse fahren. Der Taxifahrer lieferte uns brav direkt vor dem Tor zur Siedlung ab, so dass ich gleich die Hochhäuser, welche ich in den nächsten Jahren werde bestaunen dürfen, zu Gesicht bekam. Durch den Hof gingen wir zum Gebäude D, um dort den Aufzug in die 10 Etage zu nehmen, welche nach europäischer Rechnung nur die achte Etage wäre, denn die Etage 1 ist in China das Erdgeschoss und die Etage 4 wird ausgelassen.
Der erste Eindruck der Wohnung war überwältigend. Ich fragte mich gleich, wie lange ich brauchen würde, bis ich ohne Navigationssystem alle Räume wieder finden würde. Auf 200 Quadratmetern kann man sich schon mal verlaufen. Die Wohnungssuche war für Lenka ein Nervenspiel. wobei ich von unterwegs auch immer wieder meine Kommentare zu den einzelnen Compounds und Wohnung loswerden durfte. Schlussendlich wurden wir aber ordentlich für Lenka’s Aufwand belohnt: direkt an der U-Bahnlinie 10 und dem Airportexpress gelegen, wenige Schritte zum nächsten Carrefour Supermarkt, sowie verschiedenste kleine Geschäfte in unmittelbarer Nähe von Phoenix Town machen die Wohnlage nahezu perfekt.
Dank Lenka’s Bemühungen konnte ich mich in der Wohnung auch bereits wie zu Hause fühlen. Nicht nur weil die Möbel schon alle aufgebaut waren, sondern auch weil ich gleich die in ihrem Blog-Post erwähnte ToDo-Liste mit den 35 Einträgen präsentiert bekam. Es sollte mir ja nicht langweilig werden, bis ich eine neue Stelle gefunden habe.
Die nächsten Tage verbrachte ich dann damit, einige Dinge rund um die Wohnung zu erledigen, unter anderem kamen die Dame vom Umzugsunternehmen und ein Arbeiter vorbei, um die Transportschäden an den Möbeln zu reparieren. Grundsätzlich können wir in der neuen Wohnung bereits sehr gut leben, haben allerdings zig Kleinigkeiten zu erledigen, bis alles so ist, wie wir es haben möchten.
Obwohl meine Reise damit zu einem glücklichen Ende gekommen ist (zieht man meine Erkältung in Betracht, lag Diemo mit seiner Ankunftswahrscheinlichkeit von 70% gar nicht so weit daneben), ist es mit diesem Blog nicht so. Gerne beschreibe ich die Erlebnisse und das Leben in China für alles Daheimgebliebenen oder sonst irgendwo reisenden. Und nicht vergessen: wir haben ein Gästezimmer mit einem echt chinesischen Doppelbett, welches jeder gerne einmal in Anspruch nehmen darf, eine kurze E-Mail zur Reservation reicht!