Der Krieg ist überall in Bosnien noch präsent. Beinahe in jeder Stadt und jedem Dorf sind Einschusslöcher in den Wänden von Gebäuden zu finden. Ebenfalls an vielen Orten sind verlassene oder zerstörte Häuser zu finden, ideal für ein bisschen Urban Exploration. In Mostar ist dies sogar im sogenannten Scharfschützen-Gebäude erlaubt.
Nach dem verhangenen Wetter am Donnerstag in Sarajevo, folgte wieder strahlender Sonnenschein am Freitag. Das Wetter wäre einladend gewesen für eine ausgiebige Fototour durch die Stadt. Um die Gelegenheit zu haben, die Stadt Mostar zu besuchen, wollte ich allerdings den Bus um 10:00 von Sarajevo nach Mostar nehmen, so dass ich für diese schöne Stadt auch noch etwas Zeit hatte.
Nach einem gemütlichen Frühstück machte ich mich mit der Strassenbahn auf den Weg zum Busbahnhof. Erst war ich dort etwas irritiert, da nur 4 Busse dastanden und keiner mit der Destination Mostar beschriftet war. Ich hatte ja noch 10 Minuten bis zur Abfahrt Zeit, so dass ich mir am Schalter erst eine Fahrkarte kaufen und bezüglich Bussteig beraten lassen konnte. Abfahrtsbussteig war dann Nummer 11, was bedeutete, dass es hinter dem Gebäude noch weitere Busse geben musste. Und siehe da!
Der Busfahrer machte mich beim Einsteigen dann noch darauf aufmerksam, dass ich den Sitz frei auswählen und die Nummer auf der Fahrkarte ignorieren könnte. Dies war bisher in den Bussen immer so, hatte jedoch auf der Fahrt von Zagreb nach Plitvice zu leichtem Unmut zwischen einem Asiaten und einem Einheimischen gesorgt, da der Asiate unbedingt seinen designierten Sitzplatz haben wollte.
Es kommt nicht von ungefähr, dass in Sarajevo die olympischen Winterspiele stattfanden. Die Stadt liegt umringt von Bergen im bosnischen Hochland. Die Fahrt nach Mostar führt erst über einen Pass und von da an, geht es erst mal nur noch bergab. Auf der rechten Seite der Strasse sieht man Stausee an Stausee. Noch schöner und lohnenswerter als die Busfahrt soll die Bahnfahrt sein, denn die Bahntrasse führt im Gegensatz zur Strasse hoch über dem Tal dem Hang entlang. Der ungünstige Fahrplan und der drohende Streik hatten bei mir allerdings der Busfahrt den Vorzug gegeben.
Während dem Bosnienkrieg verlief die Front mitten durch Mostar, entlang des heutigen Bulevard. Einer der wichtigsten Standorte für die Scharfschützen war ein Bankgebäude, welches seit dem Krieg unverändert dasteht. Dieses lädt zu legaler Urban Exploration, dem Erkunden von nicht länger genutzten Gebäuden, ein. Das Motto der Urban Explorers ist «Take Nothing but Pictures, Leave Nothing but Footsteps» (Nimm nur Fotos mit und hinterlasse nur Fussspuren). So tat ich es dann auch. Vom obersten Stockwerk dieses Gebäudes hat man eine hervorragende Aussicht über Mostar und das Neretvatal.
Die bedeutenste Sehenwürdigkeit ist die alte Friedensbrücke über den Fluss Neretva. An den beiden Enden der Brücke erstreckt sich die kleine aber feine Altstadt Mostars. Die berühmte Brücke, im Bosnienkrieg von den Serben gesprengt und später wieder aufgebaut, die Moscheen und die schöne Altstadt führen dazu, dass tonnenweise Reisebusse in Mostar halt machen. Die touristischen Restaurants sind überlaufen mit deutsch- und italienischsprachigen Touristen und entsprechend sind auch die Preise.
Da ich für die Erkundung der Stadt Energie benötigte, machte ich mich auf die Suche nach einer kleinen Mahlzeit. Diese fand ich im Imbiss Velez, welcher hervorragende Burek zubereitet. Da der Hunger damit aber nicht vollständig gestillt war, setzte ich mich auf der anderen Flusseite noch in ein Café und genehmigte mir einen Espresso mit einem leckeren Stück Havana Torta.
Anschliessend erkundete ich das Städtchen noch etwas weiter und fand noch neue Ã-rtchen, von denen man einen schönen Blick auf die alte Brücke hat. Wirklich alles dreht sich in Mostar um diese eine Brücke. Auch in meiner Unterkunft, dem Hostel Majdas erhielt ich bei der Ankunft neben einem Eistee auch einen selbstgebastelten Stadtplan und erhielt von Majda höchstpersönlich den schnellsten Weg zur alten Brücke erklärt. Das Hostel hat unglaubliche Kritiken. Obwohl die Gastgeberin sehr nett ist, hat’s bei mir nicht so recht gefunkt. Die Zimmer waren sauber, das Bett bequem, allerdings würde ich beim Aufenthaltsraum, in den gerade mal 3-4 Leute passen und anderen Räumlichkeiten definitv Abstriche sehen. Ebenfalls war die Kommunikation seitens der Gastgeberin sehr knapp, so dass ich mich nach der Erklärung des Stadtplans alleine gelassen fühlte.
Umso freute es mich, als ich dann heute früh bei der Abreise von Majdas Mutter noch eine reife Frucht aus ihrem Garten geschenkt erhalten habe. Wiederum eine sehr nette Geste. So machte ich mich dann um 10:00 per Bus auf den Weg zurück nach Kroatien, diesmal ganz in den Süden des Landes, nach Dubrovnik.