Albanien: Shkoder, das Ende und noch etwas weiter

Die Reise von Budva nach Shkoder, meinem Stützpunkt für die nächsten drei Tage, war zum ersten Mal durch Umsteigen geprägt. Teilweise waren die Wechsel fliegend. Einmal in Albanien angekommen, musste ich feststellen, dass alles irgendwie anders war als bisher. Das Land bietet innerhalb Europas eine einmalige Gelegenheit, um seine Grenzen zu testen.

Es gibt einen direkten Bus von Budva nach Ulcinj, von wo aus um 6:00 und um 12:30 jeweils ein Bus nach Shkoder im Norden Albaniens fährt. Mir wurde geraten, um ca. 9 Uhr in Budva loszufahren, um gleichentags den 12:30 Bus in Ulcinj zu erreichen. Der direkte Bus fährt allerdings erst nachmittags, so dass die einzige Lösung einmal umsteigen in Bar bedeutet. Der Bus von Budva nach Bar fährt fahrplanmässig um 9:40 mit Fahrzeit ungefähr einer Stunde bis Bar. Der Anschluss funktioniert bei pünktlicher Abfahrt einwandfrei. Dies war natürlich nicht der Fall, als ich die Strecke zurücklegen wollte.

Shkoder: Impressionen

Shkoder: Impressionen

Die Anschlüsse bei den lose organisierten Bussen in Montenegro funktionieren allerdings besser als bei der deutschen Bahn. Bei der Einfahrt in den Busbahnhof in Bar fuhr gerade ein Bus Richtung Ulcinj los. Der Busfahrer fragte mich, ob ich nach Ulcinj musste und signalisierte auf mein «Da» hin dem anderen Busfahrer, noch kurz zu warten. Dieser tat das auch und so konnte ich fliegend Umsteigen und sofort nach Ulcinj weiterfahren.
In Ulcinj war dann genügend Zeit für einen gemütlichen Kaffee, da ich rund 40 Minuten auf die Weiterfahrt nach Shkoder warten musste. Die Strasse dorthin entspricht meiner Meinung nicht ganz der auf allen Karten eingezeichneten Hauptstrasse 1. Klasse. Ã-fters mussten wir zum Kreuzen eines grossen Fahrzeugs anhalten.
Ich hatte Shkoder als meinen Standort in Albanien ausgesucht, da mir Daniel von Montenegro Hostels einige schöne Exkursionen von jener Stadt aus erläutert hatte. Die Stadt selber bietet nicht besonders viel, gibt aber einen sehr schönen Eindruck von der Lebensart der Albaner, welche Daniel als chaotisch bezeichnet hatte (in Griechenland würde dann alles absurd werden…).

Ich bin auch ein Bus

Ich bin auch ein Bus

Dass alles nicht so ganz einfach in Albanien ist, stellte ich dann relativ schnell selber fest. Eine Unterkunft zu finden war noch einfach, doch Busverbindungen im voraus zu efahren erweist sich als höchst schwierig. Die eine interessante Frage ist immer, wann denn ein Bus fährt. In Albanien kommt dann noch die Frage, wo die Busse resp. furgons (Minivans) fahren. Es gibt keine ausgewiesenen Haltestellen und Fahrpläne sowieso nicht. Da hilft nur eins: Fragen. Aber auch das gestaltet sich nicht ganz einfach, ist doch einerseits die albanische Sprache nur sehr entfernt mit überhaupt einer anderen Sprache verwandt und andererseits sind die Albaner nicht unbedingt gewöhnt Fremdsprachen zu sprechen. Das führt dazu, dass man dann mit Hand und Fuss kommunizieren muss und sich trotzdem noch falsch versteht.

Wo geht denn der See weiter?

Wo geht denn der See weiter?

Schlussendlich wusste ich jedoch, wo um 6:00 ein Bus nach Koman fährt, dem Ort bei dem Damm des Komanit Stausees. Die Jungs im Café allerdings meinten dann um 6:00, dass die furgons einen Block weiter fahren würden. Dort ging ich dann hin und erfuhr erstmal, dass die furgons erst um 6:30 losfahren. Dafür wurde ich vom Fahrer, welcher mich aufgegabelt hatte, zum Kaffee eingeladen. Nette Geste. Anschliessend ging es über eine staubige Piste bis nach Koman, wo wir kurz nach 8 Uhr eintrafen.

Gute Stimmung auf dem Schiff mit Mark und Hassan

Gute Stimmung auf dem Schiff mit Mark und Hassan

Der Plan war eine Fahrt mit dem Schiff oder der Fähre über den Komanit Stausee, welches eine der schönsten Schifffahrten weltweit sein soll. Da das Schiff erst um 9:00 fuhr, hatte ich genügend Zeit im Restaurant noch mein Frühstück nachzuholen. Kurz nach 9 Uhr kam dann das Schiff und wir legten ab. Rund 3 Stunden sollte die Fahrt von Koman nach Fierze dauern, vorbei an abgelegenen Häusern und einer atemberaubenden Landschaft. Die Fahrt mit den Einheimischen und dem belgischen Touristen gestaltete sich sehr unterhaltsam, waren doch die Herrschaften an einem Austausch rege interessiert. Nur die Sprachbarriere war nicht ganz einfach zu überwinden. Immerhin konnte der Belgier einiges an Albanisch, verstand aber leider die Nordalbaner mit ihrem ausgeprägten Dialekt auch eher schlecht als recht. Schlussendlich machte dann auch noch ein Glas Schnaps die Runde. Unterwegs sammelten wir dann noch ein Transportschiff ein, welches einen Motorschaden hatte. Dieses wurde dann bis nach Fierze abgeschleppt.

Abschleppdienst für einen Transportkahn

Abschleppdienst für einen Transportkahn

Das besondere an unserem Schiff war der Aufbau. Da die Fähre aktuell defekt ist, gab es nur das eine Personenschiff. Dieses erinnerte mich an die Werbung des ZVV (Zürcher Verkehrsverbund), bei der auf den S-Bahnen der Schriftzug «Ich bin auch ein Schiff» zu finden ist, um anzudeuten, dass die Fahrkarten für Strassenbahnen, S-Bahnen, Busse und Schiffe gelten. Dieses Schiff war, zumindest was die Kabine betrifft, ein Bus. Als Aufbau wurde die Kabine eines normalen Busses auf den Rumpf eines Schiffs gesetzt. So gibt es drei Türen, eine beim «Fahrer», und zwei auf der rechten Seite für die Passagiere. Die Sessel sind die originalen Bussessel und die Schwimmwesten sind auf der Gepäckablage untergebracht.

Die Fähre auf dem Komanit See: gegenwärtig ausser Dienst

Die Fähre auf dem Komanit See: gegenwärtig ausser Dienst

Das spannende an meinem Tagesausflug war, dass ich überhaupt keine Ahnung hatte, wie ich nach der Schifffahrt ans hinterste Ende von Albanien nach Shkoder zurückkommen würde. Die nächste Schiffsverbindung zurück nach Koman gab es erst am folgenden Tag um 8:00. Doch nach längerem Nachfragen und diskutieren kristalisierte sich eine Lösung heraus: durchs Hintertürchen. Nämlich gibt es von Bajram Curri einen direkten Bus nach Tirana. Von Fierze nach Bajram Curri ist es eine halbe Stunde mit dem furgon. Der furgon von Fierze nach Bajram Curri wartet schon an der Landungsstelle und so ging es sogleich los nach Bajram Curri. Dort sollte ich um 14:00 eine Verbindung nach Tirana haben, so dachte ich zumindest, dass ich noch etwas Zeit für ein Mittagsessen hätte. Jedoch stellte sich heraus, dass der Bus schon seit 3 Minuten hätte losgefahren sein sollen, so dass ich das zweite Mal in Albanien einen fliegenden Wechsel zwischen Bussen machen konnte. Abfahrtszeiten sind in Albanien CT, d.h. immer mindestens 15 Minuten nach der angegebenen Zeit. So sassen wir erst mal im Bus und warteten.
Die Verbindung von Bajram Curri nach Tirana führt dann eben durch das Hintertürchen. Dies bedeutet, dass man Albanien erst einmal in Richtung Kosovo verlässt, um dann anderthalb Stunden später wieder über die Autobahn nach Albanien zurückzukehren. Gut dass ich meinen Reisepass im Tagesrucksack untergebracht hatte… So kann ich (zwar ohne Beweis, es gab mal wieder keine Stempel) behaupten, dass ich im Kosovo war. Ok, es waren nur anderthalb Stunden, aber immerhin.
Den Umweg über Tirana sparte ich mir dann auch und stieg in Milot aus dem Bus, um ein Taxi nach Shkoder zurück zu nehmen. Da gab es die nächste Lektion zu lernen: nie annehmen, dass man etwas verstanden hat, wenn es sich um eine unbekannte Sprache handelt. Erste Fremdsprache der Albaner ist Italienisch, und so nahm ich an, dass der Fahrer 7 (siete) Euro für die Fahrt haben wollte. Was er allerdings meinte, so übersetzte es die Dame Empfang meines Hotels, waren 20 (sisiete, oder wie auch 20 in Albanisch heissen möge) Euro. Etwas gefrustet gab ich ihm dann die 20 Euro. Beruhigt war ich dann erst später, als mir gesagt wurde, dass dies ein fairer Preis sei.
Abendessen gab es dann in einem touristischen Restaurant, welches albanische Spezialitäten anbietet. Die erste Spezialität war, dass es keine Speisekarte gab, sondern der Kellner auf den Tisch des Nachbarn zeigte und meinte: «So wie er? Ist ein Menu mit albanischen Spezialitäten». Klar, muss man doch ausprobieren, und lecker sah es dazu auch noch aus. Zum Dessert gab es dann von einem anderen Tisch Kuchen gespendet. Die kleine Gruppe hatte einem Jungen eine Torte zum Geburtstag spendiert, und da sie nur 5 Personen waren, hat dieser allen anderen Gästen ein Stück gespendet. Ich ging dann zu der Gruppe hin, gratulierte dem Geburtstagskind erst einmal und fragte, ob ich mich dazusetzen kann. Klar, war die Antwort. Dabei handelte es sich um eine Gruppe, welche sich für Frauengruppierungen weltweit einsetzt. Die Gruppe bestand aus zwei gestandenen Damen aus England und Australien, sowie zwei Mädels aus Albanien. Das Geburtstagskind war der Cousin des einen albanischen Mädels und als Fahrer für die Gruppe engagiert. Vollgestopft mit Lamm, Brot und Gemüse, sowie einem leckeren Stück Kuchen und einem Schnaps als Absacker, machte ich mich dann noch auf den Weg in ein Internet Café, um den letzten Post fertig zu machen.

Die Rozafa Festung in Shkoder

Die Rozafa Festung in Shkoder

Auf diesen anstengenden Tag musste etwas bequemeres folgen. So entschied ich mich am Freitag anstatt in die Berge zu fahren in Shkoder zu bleiben und die Stadt und ihre Umgebung etwas zu erkunden. Zu Fuss machte ich mich auf den Weg, um herauszufinden, ob es denn möglich ist, zu Fuss an den See zu gelangen. Als ich dann nur noch Kuhweiden vor mir hatte, drehte ich ab und machte mich dann auf den Weg Richtigung Rozafa Festung, das Wahrzeichen Shkoders.
Die Festung liegt am Stadtrand einige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt auf einem Felsen. Um die Strasse zu finden, welche zur Festung führt, machte ich erst eine Runde um den Felsen. Schliesslich fand ich die historische Strasse und konnte durch das Burgtor in die Festung einmarschieren. Gerne hätte ich auch die 200 Lek Eintritt entrichtet, es war jedoch keiner zum Kassieren da.
Oben angekommen staunte ich dann nicht schlecht. Hatte es von unten zwar nach einer grossen Festung ausgesehen, so überraschte oben nicht nur die Grösse, sondern auch die Höhe der Mauern und was alles noch vorhanden ist. Auch die Aussicht auf das albabische Tiefland, den Shkodersee und die vielen Berge am Horizont beeindrucken. Die dunklen Wolkem am Horizont, verrieten jedoch, dass ich mich besser auf den Weg an einen geschützten Ort machen sollte. Dies tat ich dann auch und fuhr erfolgreich mit dem Stadtbus zurück zum Zentrum.
Am Samstag um 10:00 fahre ich dann mit dem Bus nach Tirana, um dort hoffentlich einen Bus nach Thessaloniki in Griechenland zu erwischen. Mal schauen wie gut der Transfer in einem Land im Streikfieber funktioniert. Üebernächstes Ziel ist dann schon Istanbul in der Türkei. Schon mal dort gewesen? Ich freue mich auf Kommentare zu diesem Artikel mit Empfehlungen für Istanbul!